Mit „Luther!“ bringt die Württembergische Landesbühne Esslingen am Donnerstag, 15. Juni, erstmals Jörg Ehnis neues Stück auf die Freilichtbühne. Die Kulisse könnte in diesem Jahr kaum passender sein.

Esslingen - Luthers Thesenanschlag an die Schlosskirche in Wittenberg wird als Beginn der Reformation gefeiert. Ob dieser am 31. Oktober 1517 wirklich stattgefunden hat, ist historisch nicht belegt. Für viele Gläubige bleibt es jedoch ein identitätsstiftendes Ereignis, auf das man auch in der diesjährigen Freilichttheater-Produktion der Württembergischen Landesbühne Esslingen (WLB) auf dem Kesslerplatz nicht verzichten wollte. „Wir gehen mit den Legenden und den Mythen spielerisch um“, sagt der Regisseur Marcel Keller bei einem Pressegespräch. Wie gut das gelungen ist, kann man sich an einem von 21 Terminen anschauen. Seine Premiere feiert „Luther!“ am Donnerstag, 15. Juni, um 20 Uhr.

 

Die falsche Ehrfurcht vor der Person Luther sollen die Zuschauer verlieren. Das ist zumindest die Hoffnung des Regisseurs Marcel Keller. Schon allein deshalb wird auf der Freilichtbühne nicht nur Luther, der Theologe, sondern auch der Privatmensch zu sehen sein. Erzählt werden soll Luthers ganze Geschichte. Marcel Keller möchte Luthers inneren Kämpfe auf die Bühne bringen: Ob durch den aktiven Dialog mit dem Teufel selbst oder indem sich seine Ängste in Personen manifestieren. Der Regisseur hofft mit seiner Inszenierung zu verhindern, dass die Zuschauer den Faden verlieren, weil sie etwa nicht ausreichend Vorwissen mitbringen. „Wichtiges wird daher häufiger wiederholt. Ich möchte den Zuschauern ersparen, dass sie an einer Ecke hängen bleiben“, betont der Regisseur.

Materie gehört in ihre Zeit

Hängen bleiben wird der Blick der Zuschauer definitiv an der Kirchenmauer. „Es ist ein spannender Schauplatz“, findet Keller. Da es sich bei der Stadtkirche um eine evangelische Kirche handelt, war schnell klar gewesen, dass sie unbedingt ein Teil des Bühnenbildes werden sollte. So ist die Bühnenkonstruktion in einer Art Nische zwischen zwei Pfeilern eingebettet. Als Hintergrund für das flexibel bespielbare Podest dient die Kirchenfassade.

Die Positionierung habe es laut Keller schwer gemacht, allen Zuschauern eine gute Sicht zu ermöglichen. Und so hat man sich in diesem Jahr dazu entschlossen, die Zuschauertribünen zweizuteilen, so dass die Besucher aus unterschiedlichen Perspektiven auf das Geschehen herabblicken können.

Zwar wäre der Aufwand für historisch authentische Kostüme nicht umsetzbar gewesen, doch die Kostümbildnerin Katrin Busching hat bei ihren Entwürfen auf historische Elemente aus Luthers Zeit zurückgegriffen. „Die Silhouetten sind historisch, aber mit einigen Freiheiten“, sagt Keller. Die Materie sei keine, die man in eine andere Zeit hineinverpflanzen sollte, findet der Regisseur.

Eigens für die WLB geschrieben

Dass mit Felix Muntwiler ein katholischer Kirchenmusikdirektor die Musik geschrieben hat, darf nicht zu streng beurteilt werden. Schließlich war auch Luther bis zur reformatorischen Wende Katholik. Die Musik reicht von Chorälen lutherischer Prägung über mittelalterliche Trinklieder bis hin zu modernen Klangflächen. Zwar wird die Musik nicht live gespielt, wohl aber sind es die Chorgesänge.

Eigens für die WLB geschrieben hat das Stück der Autor Jörg Ehni, der bei dem Pressetermin nicht anwesend sein konnte. „Für uns war klar: Wir machen einen eigenen Luther. Wir wollten nicht auf bestehende Werke zurückgreifen“, sagt der Dramaturg Marcus Grube. Zunächst habe Ehni schwer Zugang zu dem Thema gefunden. „Zum ersten Mal darüber geredet haben wir im Herbst 2014“, erinnert sich Marcus Grube. Die erste Fassung lag schließlich im November vergangenen Jahres vor. Wenn auch noch zahlreiche Änderungen folgen sollten. „Es ist hilfreich, wenn man genügend Zeit für eine intensive Vorbereitung hat“, betont Keller. Die hat er sich und seinen Schauspielern auch in zusätzlichen Proben gegeben.