Der aus Syrien stammende und heute in Magstadt lebende Thaer Al Kahwaji ist der erste Flüchtling im Landkreis Böblingen, der sich ehrenamtlich bei einer Feuerwehr engagiert. Er will sich mit seinem Dienst für die Allgemeinheit für die bislang vielen in Deutschland gemachten positiven Erfahrungen bedanken.

Magstadt - Frauen sind in den Reihen der Magstadter Feuerwehr nicht zu finden. Auch ausländische Mitstreiter suchte man dort bisher vergebens. Seit der jüngsten Hauptversammlung ist dies – zumindest was Mitstreiter ohne deutschen Pass angeht – anders. Als erster Flüchtling im Kreis Böblingen ist Thaer Al Kahwaji Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Magstadt geworden. Mit Anil Öztürk hat die Mannschaft von Kommandant Jürgen Stäbler nun zudem einen türkischen Kameraden in ihren Reihen.

 

Der Kommandant Jürgen Stäbler freut sich über die Neuzugänge: weil sie seine Truppe bereichern und weil mit Öztürk und Al Kahwaji zwei Mitglieder gewonnen wurden, die im Ort arbeiten und daher im Alarmfall auch tagsüber zur Verfügung stehen. Wenn die Wehrleute künftig alarmiert werden, kann der Syrer Al Kahwaji mit seinem Chef zum Feuerwehrgerätehaus fahren. Der 29-Jährige, der nach seiner Flucht aus Damaskus seit März 2014 in Deutschland lebt, macht derzeit eine Ausbildung zum Fleischer bei der Metzgerei Raith.

Mit Erfolg um die Aufnahme bei der Feuerwehr beworben

Metzgermeister Frank Raith war es auch, der Thaer Al Kahwaji auf die Idee brachte, sich bei der Feuerwehr zu engagieren. Weil sein Chef immer mal wieder die Metzgerei in Windeseile verlässt, fragte der 29-Jährige nach, aus welchem Grund Raith hin und wieder alles stehen und liegen lasse. Raith nahm seinen Schützling mit zur Feuerwehr, und dem 29-Jährigen gefiel was er sah. Er bewarb sich daraufhin um die Aufnahme in die Wehr – mit Erfolg.

„Ich möchte Deutschland etwas zurückgeben“, sagt Thaer Al Kahwaji, wenn man ihn nach den Gründen fragt, die ihn dazu veranlasst haben, sich bei der Feuerwehr zu engagieren. Er habe seit seiner Ankunft in Deutschland viel Positives erfahren. Jetzt wolle er sich mit seinem Dienst für die Allgemeinheit dafür bedanken.

Ehrenamtliches Engagement wie bei der Feuerwehr kannte Thaer Al Kahwaji aus seiner Heimat, der syrischen Millionenmetropole Damaskus, nicht. Der Einstieg bei der Magstadter Wehr sei ihm dennoch „sehr leicht gefallen“, denn alle Kameraden seien ihm von Anfang an sehr freundlich begegnet. Dass er heute, wenn er im Ort unterwegs ist, von vielen Menschen gegrüßt wird oder vorbeifahrende Autos hupen und die Insassen ihm zuwinken, erfüllt den Syrer mit Stolz – und Freude.

Mit 24 den Entschluss gefasst das Bürgerkriegsland zu verlassen

Im Alter von 24 Jahren fasste Al Kahwaji 2012 den Entschluss, das Bürgerkriegsland Syrien zu verlassen. Über den Libanon, Ägypten, die Türkei, Griechenland und Italien kam er nach Deutschland und hier nach Stuttgart, wo ein Freund lebte. Über die Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe führte ihn sein Weg dann nach Malmsheim und schließlich nach Magstadt. Dort leben heute auch seine Eltern und seine drei Brüder, die im Zuge des Familiennachzugs in Magstadt eine neue Heimat fanden.

Al Kahwaji, der in Damaskus das Abitur gemacht und studiert hat, arbeitete vor seiner Flucht als Monteur für Mobilfunkantennen. In Deutschland hat er mehrere Sprachkurse und den Hauptschulabschluss gemacht, denn seine Zeugnisse aus Syrien wurden hier nicht anerkannt. Es freut ihn, dass er bei der Metzgerei Raith, wo er zunächst als Aushilfe jobbte, inzwischen eine Lehre macht. „Andrea und Frank Raith haben mir immer sehr geholfen, das weiß ich zu schätzen“, sagt er voller Dankbarkeit.

Der 29-Jährige erfährt Unterstützung von vielen Seiten

Auf die Unterstützung seines Chefs hofft er freilich auch im Zuge der dreijährigen Ausbildung zum Feuerwehrtruppmann, die er vor wenigen Tagen begonnen hat. Denn nicht zuletzt die Fachbegriffe seien für ihn eine Herausforderung. Mit aller Kraft wollen aber auch Kommandant Jürgen Stäbler und sein Stellvertreter Hans-Peter Oerthle ihren neuen Kammeraden unterstützen. Bereits in drei Monaten, „wenn er den ersten Teil der Grundausbildung erfolgreich absolviert hat“, sagt Oerthle, könne Al Kahwaji auch bei Einsätzen der Feuerwehr mitwirken. Eine Aufgabe, auf die sich der Syrer schon sehr freut.