Artur Rutkiewicz aus Sillenbuch engagiert sich derzeit in Kambodscha. In seinem Internet-Blog berichtet der 23-jährige Kommunikationswissenschaftler regelmäßig von seinen Erlebnissen in dem fernen Land.

Sillenbuch - Freiwilligendienste gibt es in unterschiedliche: soziale, ökologische und kulturelle. Artur Rutkiewicz aus Sillenbuch hat sich für einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst entschieden und reiste dafür nach Kambodscha.

 

„Es war nicht unbedingt das Land Kambodscha, das mich gereizt hat, es war vielmehr das Projekt“, sagt Rutkiewicz. Die Organisation „weltwärts-Bremen“, für die der Sillenbucher in Kambodscha ist, bietet dezentrale Abwasserbehandlungslösungen an. Das klingt kompliziert. „Einfach ausgedrückt, sind es relativ günstige, wartungsarme und nahezu selbst laufende Minikläranlagen“, erklärt der 23-Jährige. In einem Land, in dem es quasi keine Abwasseranlagen gibt, und alles in die nahen Gewässer geleitet wird, aus dem die Menschen Fische zum Verspeisen angeln, seien diese Kläranlagen eine nützliche Form der Entwicklungshilfe, sagt er.

Berichte für Unicef

Rutkiewicz unterstützt dabei seine kambodschanischen Kollegen weniger mit Schaufeln als mit seinem Wissen. Der studierte Kommunikationswissenschaftler übernimmt die Dokumentation der Aktivitäten vor Ort und erstellt Berichte für den Hauptgeldgeber, die Unicef. „Es ist wichtig, die lokalen Kräfte mehr einzusetzen, als ein teures Projekt zu bauen, das keiner versteht“, sagt Rutkiewicz.

Wirklich überraschen kann den 23-Jährigen nach einem halben Jahr in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh eigentlich nichts mehr: Er sieht dort täglich die Armut und ein immer größer werdendes Verkehrsproblem. So wurde er schon mehrfach Zeuge von Verkehrsunfällen der Motorrikschas – auch Tuk Tuks genannt. Diese enden oft tödlich, weil die Fahrer keine Helme tragen.

Hochzeiten in Zelten auf der Straße

Hinzu kämen – gerade in der Trockenzeit – riesige Hochzeiten, die mangels Platz einfach in einem Zelt mitten auf der Straße stattfänden. „Es erstaunt mich eigentlich nur, welche Teile von Fischen und Hühnern so gegessen werden können“, sagt Rutkiewicz; er selbst ist Vegetarier. Dabei sei für ihn die einheimische Küche weniger exotisch, als gedacht: „Reis und gebratenes Gemüse oder gebratenes Gemüse und Reis“, sagt der Sillenbucher.

Rund 13 000 Kilometer von Stuttgart entfernt fehlen Rutkiewicz vor allem Brezeln, Butter und Käse. Und die lokal üblichen grünen Tomaten seien auch kein Vergleich zu den in Deutschland heimischen Sorten. Dafür gäbe es günstige Früchte und lecker gegrillte Bananen.

Im Blog lesen die Daheimgebliebenen mit

Alle Daheimgebliebenen informiert der Sillenbucher regelmäßig über seinen Blog. „Ich denke, es ist eine nettere Alternative, um über alles zu berichten, als die Geschichten jedes Mal zu erzählen und immer mal was zu vergessen“, sagt er. Ob er den Blog anschließend noch in einem Buch ausarbeiten wird, weiß er heute noch nicht. Schließlich war sein im Jahr 2013 erschienenes Erstlingswerk von einer Radtour nach Portugal doch sehr aufwendig (wir berichteten).

Das Radfahren gestaltete sich in Kambodscha allerdings schwieriger, als zunächst angenommen: Schlechte bis überhaupt nicht ausgebaute Straßen sowie Temperaturen, die denen in unserem Hochsommer ähneln, bremsen den jungen Mann aus. „Mir fehlen auch der Wald und die Berge“, sagt er.

Der Dienst sei Vollzeitarbeit

Im Gegensatz zur häufigen Kritik, die „weltwärts-Programme“ seien bezahlter Urlaub für Abiturienten, sieht Rutkiewicz seinen Freiwilligendienst als reguläre Vollzeitarbeit an. Zwar werde das Programm zum Teil tatsächlich vom Bundesministerium gefördert, trotzdem müsse er noch – ähnlich wie bei anderen Freiwilligendienstlern – auch auf eigene Ersparnisse zurückgreifen.

Das Zwischenfazit nach einem halben Jahr in Kambodscha, lautet für Rutkiewicz: „Ich habe viele interessante Erfahrungen gemacht, aber ein großer Brocken liegt noch vor mir.“