In einer Serie stellen wir Freizeitangebote im Stuttgarter Norden vor. Zum Auftakt hat unser Mitarbeiter Benjamin Bauer Pétanque gespielt.

Feuerbach - Zunächst einmal: Was viele unter dem Begriff Boule kennen, ist eigentlich Pétanque. Denn „Boule“ ist lediglich ein Sammelbegriff für Kugelsportarten – unter die eben auch das französische Pétanque fällt. Doch der Volksmund nimmt es damit eben wie so oft nicht ganz so genau. Zweitens: Zu dem Spiel gehört in der Tat mehr, als lediglich die große Kugel möglichst nah an die kleine zu bekommen. Das habe ich an einem sonnigen Montagnachmittag in Feuerbach von begeisterten Pétanque-Spielern gelernt.

 

Einer aus der Gruppe, der sich mit all dem bestens auskennt und an diesem Nachmittag die undankbare Aufgabe inne hat, mir die Regeln zu erklären und mich anzuleiten, ist Daniel Jouve. Was ihn zum Experten macht? „Er ist Franzose“, sagt Rolf Kälblen mit einem Augenzwinkern. Kälblen trifft sich mit Jouve und bis zu zwölf anderen jeden Montag um 14.30 Uhr auf dem Schotterparkplatz vor den Tennisplätzen des TV Feuerbach, um Kugeln zu werfen. Außerdem dabei sind Peter Albrecht, Fritz Lübbe, Günther Keuper, Kurt Zoller – mit 65 sozusagen das Nesthäkchen –, Gisela Frey und Gerda Hartwig. Letztgenannte ist auch mit fast 92 noch beim Pétanque dabei.

Gespielt wird im Sommer und im Winter

Doch in der Tat ist Jouve nicht nur Franzose, sondern er hat die Kugel-Runde überhaupt erst ins Leben gerufen. „Das war vor ungefähr zehn Jahren. Damals haben wir hier alle noch Tennis gespielt und wo wir dafür zu alt wurden, dachte ich, es wäre doch nett, weiterhin zusammenzukommen“, erzählt Jouve. Er steckte mit seiner Boule-Leidenschaft die anderen an und schon war die Sache geritzt. „Seitdem spielen wir sommers und winters, völlig egal, was es für Wetter ist“, sagt Günther Keuper. „Wenn zu viel Schnee liegt, wird er eben weggefegt.“

Zusammen mit den anderen ergeben wir an diesem Nachmittag neun Spieler, es werden also drei Zweier- und ein Dreier-Team gemacht. Auf der einen Seite des Parkplatzes spielen zwei gegen zwei, auf der anderen zwei gegen drei. Im Team mit drei Spielern bekommt jeder je zwei Kugeln, bei den Zweier-Teams bekommt jeder drei. Dann wird das „Schweinchen“ (Französisch „Cochonnet“), die kleine rosafarbene Kugel, in die Hand genommen und als erstes geworfen. Dabei steht der werfende Spieler in einem markierten Kreis und muss das „Schweinchen“ zwischen sechs und zehn Metern weit werfen. Dann geht es los: Nachdem per Kartenziehen entschieden ist, wer anfängt, wirft der erste Spieler seine Kugel. Dabei gibt es unterschiedliche Techniken, wie ich schnell feststelle. Die einen gehen in die Hocke, die anderen werfen im Stehen oder in halbgebückter Haltung. Allen gemein ist, dass sie beim Wurf nicht von oben nach unten schwingen, wie beispielsweise beim Wurf eines Baseballs, sondern von unten nach oben, wobei die Handfläche mit Kugel nach unten zeigt. Ich probiere es anfangs noch im Stehen, knie mich aber bald hin, als ich merke, dass man dann ein besseres Gefühl für die Kugel und die Bahn hat, die sie wahrscheinlich fliegen wird. Das Schwierigste ist zu Beginn, die richtige Menge an Kraft einzusetzen. Meine ersten Würfe sind viel zu weit, später werfe ich sachter und bekomme von meinen Mitspielern tatsächlich auch ein dickes Lob: Als ich mit meiner Kugel eine gegnerische vom „Schweinchen“ wegschieße und meine folglich am nächsten zu der pinken Kugel platziere, sagt Gerda anerkennend: „Das war einer der besten Würfe heute.“

Das Ziel sind 13 Punkte

Gespielt wird solange, bis ein Team 13 Punkte hat. Dabei muss man aber aufpassen – denn man kann in einer Runde auch mehrere Punkte bekommen. „Maximal aber sechs“, sagt Kurt Zoller aus Weilimdorf. Beispielsweise wäre das der Fall, wenn sämtliche sechs Kugeln eines Teams näher am „Schweinchen“ liegen würden, als die Kugeln des Gegners.

Dieser Triumph blieb mir und meinem Team-Kameraden Daniel Jouve zwar verwehrt, doch immerhin konnten wir einen 2-zu-8-Rückstand aufholen und am Ende mit 13:10 gewinnen. „Da geht der Puls dann schon in die Höhe“, sagt Jouve am Ende mit einem Augenzwinkern. Dass es für Kurt Zoller und Gerda Hartwig nicht zum Sieg gereicht hat, nehmen die beiden sportlich und reichen mir und Jouve die Hände. „Gratulieren muss man auf jeden Fall“, sagt Zoller. Der 65-Jährige ist nur froh, dass er nicht zu Null verloren hat. „Dann hätte man auf einem Foto den Po einer Can-Can-Tänzerin küssen müssen“, sagt Jouve und lacht. „Das haben wir früher zumindest immer so gehandhabt.“ Eben ein echt französisches Ding. Dementsprechend hat die Dame auch einen wohlklingenden Namen: Fanny. „Heute haben wir Fanny gerettet“, sagt Jouve und packt seine Kugeln ein.