15 japanische Gesangsstudenten üben deutsche Lieder im Schloss Freudental. Am Mittwoch gibt es ein Konzert.

Freudental - Das Schnellerwerden muss gleichmäßig sein, das kann man nur mit viel Übung“, erklärt der Lehrer Helmut Deutsch, zuerst auf Deutsch, dann auf Japanisch, immer wieder ergänzt mit italienischen Begriffen wie „fortissimo“ oder „piano“. „Hai“, nickt eine japanische Studentin am Klavier. Gerade üben die beiden ein Lied von Franz Schubert ein, Jun Shiraiwa singt als Bariton dazu.

 

15 Japaner, Gesangs- und Klavierstudenten aus Tokio, sind seit dem vergangenen Mittwoch im Freudentaler Schloss, um an einem Meister-Liedkurs teilzunehmen. Der Veranstalter ist die japanische Gesellschaft der Freunde des Liedes, die vor allem deutsche Kunstlieder wertschätzt.

Die blumige Sprache des deutschen Kunstlieds

Woran das liege, kann auch der Dozent Dietrich Henschel nicht genau erklären: „Das muss eine Art Seelenverwandtschaft der deutschen Romantik mit der japanischen Gefühlswelt sein.“ In Japan spreche man nicht so offen über seine Gefühle. Lieder, die in poetischer Form Gefühlen Ausdruck verliehen, seien deswegen besonders gefragt. „Über den Gesang kann ich Dinge ausdrücken, die man so in der Gesellschaft nicht sagen könnte“, sagt Henschel. Das deutsche Kunstlied sei in seiner blumigen, oft symbolhaften Sprache ideal dafür. „Das ist teilweise so emotional, dass es von jungen Deutschen schon wieder als peinlich empfunden wird“, sagt er.

Henschel ist Gründungsmitglied der Lied-Meisterkurse, die seit zwölf Jahren alle zwei Jahre stattfinden, teils in Japan, teils in Deutschland. In Freudental finden sie zum ersten Mal statt. Möglich wurde das durch Kohei Seguchi. Der Toningenieur kennt den Schlossherren Rudolf Beyer, weil er hier bereits Aufnahmen für Klassik-CDs geleitet hat. Um romantische Lieder zu proben, sei der Ort ideal, findet Seguchi: „Die klassische Atmosphäre des Schlosses ist toll, dazu ist man nahe an der Natur“, sagt er.

Der ausländische Besuch freut auch den Bürgermeister von Freudental, Alexander Fleig. „Es ist toll, so hochkarätige Musiker hier zu haben, zumal sie uns noch mit einem Konzert beehren.“ Am Mittwoch gibt es zum Abschluss eine Vorstellung im blauen Saal des Schlosses. Dabei gesammelte Spenden gehen an die örtliche Bürgerstiftung „Bürger für Bürger“.

Die Gesangsstudenten können nur wenig deutsch

Dass die meisten der japanischen Gesangsstudenten nur wenig oder gar kein Deutsch können, ist für Henschel kein Problem. „Unser Kursteilnehmer mit der besten Aussprache kann gar kein Deutsch“, sagt er. Außerdem könne so eine pointierte Rezitation auch für einen Muttersprachler kompliziert werden: „’Der König starren Blicks da saß, mit schlotternden Knien und totenblass’, ist beispielsweise so ein Vers, der ist gar nicht so leicht auszusprechen“, findet Henschel.

Der Bariton Jun Shiraiwa möchte den Liedkurs nutzen, um besser Deutsch zu lernen. Der Gesangsstudent aus Tokio mag vor allem die Lieder von Schubert und Brahms. Auf die Frage, was er in den Probenpausen am liebsten mache, antwortet er ziemlich presto: „Ich gehe in die Eisdiele.“

Termin Das Konzert findet am Mittwoch, 2. September, von 18 Uhr an im blauen Saal des Freudentaler Schlosses statt. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.