Ein 20-Jähriger tut sich in der Verhandlung vor dem Landgericht Stuttgart schwer damit, sich den Gründen für seine Taten zu stellen. Unter anderem soll er in Frickenhausen ein Vereinsheim abgefackelt haben.

Frickenhausen - Der 20-Jährige auf der Anklagebank tut sich schwer, über seine Taten und die Beweggründe seines Handelns zu sprechen. „Weiß nicht“ oder „keine Ahnung“ sind am Dienstagvormittag die von ihm favorisierten Antworten auf die Fragen von Cornelie Eßlinger-Graf, die Vorsitzende Richterin der 4. Großen Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart. Während der Befragung kommen dem Angeklagten sogar ab und zu die Tränen. Vor allem mit den beiden ihm angelasteten Brandstiftungen in Frickenhausen-Linsenhofen will oder kann er sich nicht auseinandersetzen, obwohl er zugibt, sie begangen zu haben.

 

Dem jungen Mann wird vorgeworfen, gemeinsam mit einem heute 15-jährigen Mitangeklagten zwischen Januar und September des vergangenen Jahres eine Spur der Verwüstung durch das Neuffener Tal gezogen zu haben. Wie berichtet, hatte die Serie schwerer Sachbeschädigungen in der Nacht zum 16. Januar begonnen. Der jüngere Angeklagte gibt zu, mit seinem Komplizen durch Neuffen, Frickenhausen und Beuren gefahren zu sein und abwechselnd mit einer mit Metallkugeln geladenen CO2-Druckluftwaffe auf insgesamt rund 100 Autos sowie Wohnungsfenster und Haltestellen geschossen zu haben.

Den Angeklagten hat das Schießen „Spaß gemacht“

In Beuren habe die wüste Ballerei ihren Lauf genommen, indem er zunächst auf das Auto des damaligen Freundes seiner Mutter geschossen habe, berichtet der 15-Jährige. Sein Verhältnis zu dem Mann sei schlecht gewesen, „ich hatte einen Hass auf ihn“. Beschädigt worden sei auch das Fahrzeug der Ex-Freundin des heute 20-Jährigen sowie eine Scheibe an der Wohnung einer Familie, „mit der ich Stress hatte“. Danach sei wahllos auf Autoscheiben geschossen worden, ohne über das Tun nachzudenken: „In dem Moment hat es einfach Spaß gemacht.“

Über diese gemeinsam verübten Taten gibt auch der 20-Jährige vor Gericht unumwunden Auskunft. Doch schon über den Grund, warum er später ohne das Beisein des damals 14-Jährigen auf einen fahrenden Linienbus geschossen hat, kann er sich angeblich nicht mehr erinnern. Dabei hätte dieser Angriff böse enden können, denn das Projektil durchschlug eine Scheibe des Busses und prallte im Innenraum am gegenüber liegenden Fenster ab.

Der 20-Jährige verdrängt seine Taten

Doch diese Taten sind harmlos gegen die weiteren Delikte, die dem 20-jährigen, zurzeit in Untersuchungshaft sitzenden Angeklagten zur Last gelegt werden. Denn er soll am 13. April eine Gartenhütte und am 9. September das Vereinsheim des Roten Kreuzes in Frickenhausen-Linsenhofen angezündet haben. Nach dem ersten von ihm gelegten Brand habe er selbst die Feuerwehr gerufen. Über seine Motivation, warum er zum Brandstifter wurde, schweigt er jedoch. Er gibt allerdings zu, dass ihn Uniformen und Blaulicht faszinieren würden – früher sei er bei der Jugendfeuerwehr aktiv gewesen, gerne beobachte er Löscharbeiten und filme diese auch. Bei der Vernehmung durch die Polizei hatte er außerdem angegeben, aus Frust über seine perspektivlose Lebenssituation gezündelt zu haben. Möglicherweise steht damit auch im Zusammenhang, dass er sich in der Vergangenheit immer wieder selbst verletzt hat, wie die Vorsitzende Richterin erwähnt.

Wie er den Brand in dem Vereinsheim gelegt hat, daran könne er sich nicht mehr erinnern, erklärt er in der Verhandlung. Cornelie Eßlinger-Graf hat Verständnis für seine Versuche, die Taten zu verdrängen. Aber er könne das Problem nur in den Griff bekommen, „wenn Sie sich der Sache stellen“, sagt die Vorsitzende der Kammer.

Der Schaden beläuft sich auf weit mehr als 300 000 Euro

Bei den Taten des Duos ist ein Schaden von insgesamt weit mehr als 300 000 Euro entstanden. Allein das abgefackelte Vereinsheim schlägt mit 250 000 Euro zu Buche. Darüber, wie er den Schaden zu begleichen gedenkt, hat sich der 20-Jährige eigenem Bekunden nach in der U-Haft Gedanken gemacht. Seinen zu erwartenden Gefängnisaufenthalt wolle er dazu nutzen, eine Ausbildung zu machen. Nach seiner Entlassung wolle er arbeiten und die Schulden nach und nach abbezahlen. Die Verhandlung wird fortgesetzt.