Aller guten Dinge sind drei? Diesmal wollen die Birkacher richtig durchstarten und den Wunsch nach einer wetterfesten Feierhalle auf dem Friedhof im Bürgerhaushalt möglichst weit nach oben schieben.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Birkach - Im dritten Anlauf soll es klappen. Der Ruf aus Birkach, der wie ein Hilferuf klingt, soll endlich vernommen werden. Rolf Lehmann ist an jenem Morgen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auf den Friedhof spaziert, weil sich dort am besten erklären lässt, worum es ihm und den anderen Birkachern geht. Die Feierhalle, durch die an Tagen wie diesen mangels Wänden der Wind ungeniert pfeift, muss weg. „Wir brauchen einen Neubau“, sagt Lehmann, den roten Schal fest um den Hals geknotet. Der Alt-Bürgermeister trotzt der Kälte, doch er und die anderen wollen nicht länger hinnehmen, dass dieser unwirtliche Ort den Trauernden das letzte Geleit zusätzlich schwer macht.

 

Rolf Lehmann, der Bürger- und Kulturverein und viele andere Birkacher möchten den Neubau der Feierhalle deshalb im laufenden Bürgerhaushalt so weit wie möglich nach oben hieven. „Es ist das Topthema im Bezirk“, sagt Lehmann. Auf der Straße werde er immer wieder darauf angesprochen. Er ist so etwas wie das Gesicht für den Kampf um eine neue Feierhalle.„Das brennt den Leuten unter den Nägeln“, bestätigt auch Matthias Lutz, Vorsitzender des Bürgervereins. „Deshalb unterstützen wir das.“

Bürger in Stuttgart-Birkach wollen in die Offensive gehen

Noch bis zum 20. Februar können die Stuttgarter Projekte vorschlagen, die die Stadt ihrer Meinung nach in Angriff nehmen sollte. Am 7. März beginnt die sogenannte Bewertungsphase, in der die Bürger über die eingegangenen Projekte abstimmen können. Und genau das ist die Zeit, in der Rolf Lehmann und die anderen ihre große Chance wittern. In der Apotheke, dem Schreibwarenladen und im Gemeindebüro der evangelischen Kirche werden dann Unterschriftenlisten ausliegen. „Wir wollen diesmal richtig in die Offensive gehen“, sagt Rolf Lehmann.

Denn es nicht das erste Mal, dass ein Ersatz für die zugige Feierhalle auf der Vorschlagsliste steht. Bereits in den beiden vergangenen Bürgerhaushalten ist das Projekt aufgetaucht. Beim ersten Mal kam der Hinweis von einem Ehepaar, das seinen Sohn viel zu früh verloren hatte. In Reichweite der Top Ten hat es der „blöde Holzverschlag“, wie Rolf Lehmann die Holzkonstruktion nennt, allerdings bei keinem der beiden Anläufe geschafft. 2013 kam die Feierhalle auf Platz 636, im Jahr 2015 auf Platz 1088.

Die Stadt hat 2014 vier Varianten geprüft

Einen kleinen Erfolg erreichten die Befürworter trotzdem, auch wenn es sie vom Ergebnis her betrachtet nicht weitergebracht hatte. Im Jahr 2014 hatte die Stadtverwaltung eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Damals ist ausgelotet worden, was auf dem Birkacher Friedhof möglich wäre. Es gab vier Varianten, die aber letztlich allesamt verworfen worden sind. Ein „allseits geschlossenes Schutzdach“, wie es damals in der Vorlage an die Stadträte hieß, sei wie schon Ende der 90er Jahre von der Denkmalpflege abgelehnt worden. Das angrenzende Leichenhaus aus den 1950er Jahren steht unter Denkmalschutz, eine geschlossene Halle würde die Sicht verdecken. Die Nutzung des Leichenhauses als Feierhalle oder gar ein Neubau waren ebenfalls rasch vom Tisch: Das Leichenhaus sei zu klein, und der Platz für einen Neubau fehle, hieß es. Bliebe, die bestehende Feierhalle mit Glaswänden zu schließen. Die Krux: die Kosten in Höhe von 50 000 Euro.

Karola Ortmann vom Friedhofsamt wiederholt das, was die Stadt bereits 2014 gesagt hatte. Der Birkacher Friedhof sei nicht der einzige mit einem solchen Unterstand. Die Glaswände wären „eine erhebliche Investition“. Und eine unverhältnismäßige, weil zu wenige Menschen etwas davon hätten. Im vergangenen Jahr wurde 39-mal auf dem Birkacher Friedhof bestattet, 15-mal davon buchten die Trauergäste den Unterstand – für dessen Nutzung seit dem 1. März 2014 übrigens 89 Euro anfallen. Die Gebühr ist laut Ortmann stadtweit eingeführt worden. „Wir müssen die Dinge ja auch baulich instandsetzen“, sagt sie.

Wohlwollende Stimmen aus dem Gemeinderat Stuttgart

Rolf Lehmann sieht im Bürgerhaushalt die Chance, dass Trauende für ihr Geld einen würdigen Ort des Abschieds bekommen. „Ohne den Bürgerhaushalt würde sicher gar nicht darüber geredet“, sagt er.

In der Lokalpolitik ist das Thema platziert, aus dem Gemeinderat kommen wohlwollende Stimmen. „Dass das für Birkach notwendig ist, steht außer Frage“, sagt Carl-Christian Vetter (CDU). „Mein Interesse, das nach vorne zu bringen, ist hoch.“ Maria Hackl (SPD) sagt: „Friedhöfe sind uns wichtig, dazu gehört auch die Feierhalle Birkach.“ Es müsse aber vielerorts investiert werden. „Da braucht es einen größeren Schluck aus der Pulle.“ Sie plädiert für einen gesamtstädischen Masterplan. Ähnlich äußert sich Gabriele Munk (Grüne). Es gebe viele Friedhöfe, auf denen etwas getan werden müsse. Birkach habe für sie persönlich aber hohe Priorität. „Ich unterstütze es, dass das jetzt mal angepackt wird.“