Die Verantwortlichen des Friedrichsbau-Varietés arbeiten mit Hilfe des Rotstifts, mit Kündigungen und Spendenaufrufen an ihrer Rettung. Ob die Bemühungen erfolgreich sein werden, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Stuttgart - Die Verantwortlichen des Friedrichsbau-Varietés arbeiten mit Hilfe des Rotstifts, mit Kündigungen, Spendenaufrufen und der Hoffnung auf Unterstützung durch die Kommunalpolitik an ihrer Rettung. Ob die Bemühungen erfolgreich sein werden und es zumindest auch 2014 in der Rotunde der L-Bank ein Programm geben wird, ist derzeit allerdings noch nicht abzusehen. Bis Ende Juli darf der Vermieter jedenfalls ein tragfähiges wirtschaftliches Konzept erwarten, also ein Papier, in dem nicht nur die Hoffnungen der Geschäftsführerin Gabriele Frenzel formuliert sind, sondern die finanzielle Tragfähigkeit des Veranstaltungsbetriebs untermauert wird.

 

Der Ausnahmezustand währt für Gabriele Frenzel seit Anfang Dezember 2012. Damals sei sie, wie all die Jahre zuvor seit der Varieté-Eröffnung ins benachbarte Bankgebäude spaziert, um sich bei einer schnellen Tasse Kaffee den Sponsorenvertrag in Höhe von rund einer Dreiviertel Million Euro absegnen zu lassen. Statt einer Zusage gab es die Zuschusshalbierung für 2013, versehen mit dem Zusatz, von 2014 an gebe es gar keine Hilfe mehr. Der folgende öffentliche Aufschrei führte zu einer teilweisen Korrektur: Die L-Bank sagte wenigstens für 2013 den kompletten Zuschuss zu.

Mittlerweile scheint bei Frenzel und ihrer Crew der Kampfgeist zurückgekehrt zu sein. Es geht um ihr Lebenswerk. Jetzt muss überlegt, gespart und gebettelt werden, um das Varieté wenigstens noch ein Jahr weiter betreiben zu können. In dieser Zeit soll dann eine tragfähige wirtschaftliche Lösung gefunden werden – womöglich sogar an einem anderen Standort, der auch die Möglichkeit einer vollständigen gastronomischen Nutzung mit entsprechenden Verdienstmöglichkeiten bietet. Heute profitiert nur das Catering-Unternehmen vom Appetit der Varieté-Besucher.

Die Geschäftsführerin hat sich selbst kündigt

Zu allererst hat sich Frenzel selbst gekündigt – allerdings auch dem Rest des 30-köpfigen Stammpersonals (es gibt zudem bis zu 70 Aushilfskräfte). Die Kündigung der Rotunde hat noch Zeit. Die Frist beträgt sechs Monate – nur für den Fall, dass die Rettungsbemühungen erfolglos bleiben sollten. Das nächste Programm ist bis Jahresende konzipiert – mit einer Verlängerungsoption von einem Monat.

Mittlerweile stehe auch fest, sagt Frenzel, dass das Varieté-Unternehmen aus der Deutschen Entertainment AG von Peter Schwenkow herausgelöst werde. Dass fortan keine Gewinnerzielungsabsicht mehr unterstellt sei, könne das Theater als gemeinnützige Gesellschaft geführt werden. Die gGmbH wird von bestimmten Steuern befreit, sofern ihre Satzung und tatsächliche Geschäftsführung den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts entsprechen. Die Gewinne müssen für den gemeinnützigen Zweck verwendet werden und dürfen grundsätzlich nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Spenden an das Varieté seien also von Januar 2014 an steuerlich absetzbar. „Das hilft uns sicher beim Spendensammeln“, glaubt Frenzel. Dass die Stadt Gesellschafterin werde, sieht die Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) allerdings noch nicht. „Von dieser Idee weiß ich nichts“, sagt sie. Über Investitionen müsste ohnehin der Gemeinderat in den Haushaltsberatungen entscheiden. Abgesehen davon, dass eine kommunale Förderung des Varietés weiter nicht in Betracht komme, wäre alleine durch die Gründung einer gGmbH der laufende Betrieb noch lange nicht gesichert.

Die L-Bank, vor allem der 2014 ausscheidende Vorstandsvorsitzende Christian Brand, sieht sich nach der Entscheidung in der Kritik. Die Aussage, die Förderung sei nie längerfristig angelegt gewesen, empfinden Varieté-Freunde als schlechten Witz – angesichts der zuvor zwei Jahrzehnte lang gewährten Finanzspritze. Der Unternehmer Rolf Deyhle äußert in einem Brief an die Landesregierung und an Stuttgarts OB Fritz Kuhn die Hoffnung, dass Brands Nachfolger Ulrich Theileis einen anderen Umgang mit dem Varieté pflegen könnte; immerhin habe die Bank durch das Friedrichsbau Varieté einen Imagegewinn eingefahren. Für Deyhle steht fest, dass dieses Spitzenprodukt „nicht auch noch auf diesem erbärmlichen Altar der Fehlleistungen“ der Landesbank geopfert werden dürfe.

Fritz Kuhn will mit dem Bankchef reden

Fritz Kuhn hat gegenüber Deyhle den Rückzug des Sponsors bedauert. Er hoffe, dass es bald gelingen werde, neue Sponsoren zu gewinnen. Die Stadt werde dabei helfen. Kuhn hat ein Treffen mit Bank-Chef Brand anberaumt, das nach den Ferien stattfinden soll. Hintergrund ist die Ankündigung des Instituts, die Stadt künftig bei der Kulturförderung zu unterstützen. Im Rathaus gibt es die Idee, diesen Zuschuss ganz oder teilweise dem Varieté zukommen zu lassen, um wenigstens durch das Begleichen der Miete von etwa 80 000 Euro für die Rotunde ein weiteres Betriebsjahr zur Konsolidierung zu ermöglichen.

Bei diesem Spitzengespräch könnte es auch um die atmosphärischen Störungen zwischen der landeseigenen L-Bank und Mitgliedern des Gemeinderats gehen. Für den kulturpolitischen Sprecher der CDU, Jürgen Sauer, hat sich Brand unmöglich gemacht. Als „beispiellos in seiner Stillosigkeit“ hat Sauer die „lapidare Absage“ seines Gesprächsangebots empfunden, das er in Absprache mit den anderen Kultursprechern abgegeben habe.

Stadträte verärgert wegen Absage

Man sei „überrascht und verärgert“, eine solche Behandlung seien gewählte Volksvertreter nicht gewohnt. Es deute alles darauf hin, „dass das Gewissen der Verantwortlichen in dieser Angelegenheit nicht rein ist“, so Sauer. Bekanntlich hält sich im Rat das Gerücht, die Bank habe bei der Förderung die Reißleine gezogen, weil es Probleme mit dem Finanzamt wegen der Pauschalversteuerung von Sponsoring-Tickets gegeben habe. Die L-Bank hat Ungereimtheiten allerdings stets dementiert.