Die schönen, aber auch die vermeintlich hässlichen Ecken Stuttgarts hat OB-Kandidat Fritz Kuhn (Grüne) beim Stadtspaziergang den StZ-Lesern gezeigt – ehe er mit Lokalchef Holger Gayer über Stuttgart 21 und seine politischen Gegner diskutierte.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Den Nesenbach will er wieder ans Tageslicht holen und der Bahn beim Projekt Stuttgart 21 gewaltig auf die Finger schauen. Der umstrittene Tiefbahnhof bestimmt am Samstag die Talkrunde mit dem Oberbürgermeisterkandidaten Fritz Kuhn (Grüne), die der Lokalchef der Stuttgarter Zeitung, Holger Gayer, moderiert hat. Zuvor hatte Kuhn auf Einladung der Stuttgarter Zeitung und der Stiftung Geißstraße bei einem gut eineinhalbstündigen Spaziergang den etwa 50 Mitspaziergängern „sein Stuttgart“ präsentiert. Los ging es über die Königstraße ins Hospitalviertel, von da in den Stadtgarten, vorbei an der Universität, wo sich Kuhn für mehr geisteswissenschaftliche Vielfalt einsetzen will. Weiter führte die Route über die Theodor-Heuss-Straße und den Rotebühlplatz ins Gerberviertel mit einem Zwischenstopp an der Tübinger Straße, wo Kuhn in Zusammenhang mit dem derzeitigen Umbau betonte, dass eine Stadt nur dann wirklich urban sei, wenn sich - wie hier - die Bürger verweilen können und Kinder erwünscht sind. Über die Nesenbachstraße ging es schließlich zum Veranstaltungsraum der Diskussion in der Eberhardstraße.

 

Zum Auftakt der Talkrunde präsentierte Gayer den Kandidaten von einer gänzlich unbekannten Seite: Kuhn, Jahrgang 1955, war als Jugendlicher in seiner Heimat Memmingen Wünschelrutengänger. Für Stuttgart sei das ja schon eine Schlüsselqualifikation, „weil da so viel gewassermanagt wird“, warb Kuhn und betonte, dass grüne Positionen in der Landeshauptstadt mittlerweile eine Vormachtstellung haben. „Auch Turner und Wilhelm müssen heute sagen, dass sie eine vernetzte Mobilität haben wollen. Aber ich finde es besser, das Original zu wählen.“ Oberbürgermeister zu werden sei nicht sein Ziel gewesen, aber seine Partei habe ihn gefragt, ob er antrete, weil man bei den Grünen der Meinung sei, er könne die Wahl gewinnen. Zum Beispiel, weil er nach eigenem Dafürhalten in der Lage sei, politische Konflikte in der Stadt zu lösen. „Der Streit um Stuttgart 21 oder die Energie- und die Verkehrswende sind so hochkomplexe Fragestellungen, da muss man sehr viele Leute zusammenbringen.“ Kuhn traut sich das zu, denn „ich kann vor allem zuhören.“

Kuhn: „Wenn es mehr kostet, muss die Bahn zahlen“

Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht er als absoluten Wahlkampfbonus für sich selbst. „Er ist beliebt wie kein anderer Politiker.“ Befragt, ob er nachvollziehen könne, dass mancher Wähler vielleicht neben einer grün-roten Landesregierung nicht auch noch einen Grünen auf dem Stuttgarter OB-Sessel haben wolle, konterte Kuhn: „Bei den Schwarzen hat das 60 Jahren keinen gejuckt.“ Sein größter Gegner im Wahlkampf ist erklärtermaßen Sebastian Turner, der von CDU und Freien Wählern unterstützt wird. Im Gegensatz zu Turner gehe es ihm beim Bau des Tiefbahnhofs nicht um Schnelligkeit, sondern in erster Linie um Sicherheit und er werde auch keine illusorischen Versprechungen machen wie sein Kontrahent Hannes Rockenbauch.

„Als OB werde ich fair und hart die Interessen der Stadt und ihrer Bürger verteidigen“, versprach Kuhn und forderte von der Bahn, ihre Planungen in Sachen Brandschutz und Behindertenfreundlichkeit des Tiefbahnhofs endlich transparent zu machen. Außerdem werde ein etwaiger Oberbürgermeister Kuhn sich stur stellen, wenn es darum geht, dass Stuttgart 21 teurer werde: „Die Stadt sollte nicht mehr finanzieren, als sie bisher getan hat. Wenn es mehr kostet, muss die Bahn zahlen.“

Die StZ-Veranstaltung mit Hannes Rockenbauch finden Sie hier. Am 22. September lädt die Stuttgarter Zeitung gemeinsam mit der Stiftung Geißstraße den Kandidaten Sebastian Turner zum Gespräch, am 29. September Bettina Wilhelm.