Der designierte Rathauschef Fritz Kuhn will sich bis zum Amtseid im Januar 2013 mit politischen Kommentaren zurückhalten. Gerüchte, er strebe später das Amt des Ministerpräsidenten an, dementiert Kuhn.

Stuttgart - Der frisch gewählte Oberbürgermeister Fritz Kuhn scheint sich auch äußerlich bereits auf das ihm von den Wählern übertragene Amt vorzubereiten. Im feinen Zwirn erschien der Grüne am Montagvormittag zur ersten Pressekonferenz nach seinem deutlichen Wahlsieg. „Ich habe gut geschlafen, wenn auch wenig“, beschied er den Journalisten.

 

Als mit ausschlaggebend für seinen Sieg über den von der CDU nominierten und von den Freien Wählern unterstützten Unternehmer Sebastian Turner nannte der Bundestagsabgeordnete, der im Januar sein Mandat in Berlin abgeben will, seine zahlreichen Wahlveranstaltungen in allen Stadtbezirken. Dabei habe er viele persönlichen Gespräche mit den Bürgern führen können: „Meine Mitbewerber, auch Herr Turner, haben das nicht so intensiv betrieben.“ Zugleich attestierte er den Grünen in Land und Stadt, sie hätten bei wichtigen Themen die Vorherrschaft übernommen und damit bis weit in die Wählerschichten der Turner-Unterstützer hinein Zustimmung erfahren. Dies habe mit den wertkonservativen Politikansätzen zu tun, für die er stehe.

Kuhn dementiert Ambitionen aufs Amt des Ministerpräsidenten

Die CDU dagegen sei in den Großstädten der Bundesrepublik nicht mehr mehrheitsfähig, weil die Partei nicht in der Lage sei, das Lebensgefühl der Stadtbevölkerung aufzunehmen und zu transportieren. Nun liege es an den Christdemokraten, die richtigen Lehren aus der Niederlage zu ziehen und diese nicht nachträglich in einen Erfolg umzudeuten. Spekulationen, wonach er das Amt des Rathauschefs nur als Durchgangsstation sehe und als potenzieller Nachfolger von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gehandelt werde, erteilte Kuhn eine klare Absage: „Ich habe da keine Ambitionen.“ Er wolle den OB-Job in Stuttgart machen – „und sonst nichts“. Heute ist Kuhn in Berlin, wo er die Glückwünsche der Bundestagsfraktion und der Parteispitze entgegennehmen wird.

Danach will er sich zwei Wochen Urlaub gönnen und sich im Übrigen bis zu seiner Amtseinführung am 7. Januar Zurückhaltung auferlegen: „Ich werde bis dahin nicht so tun, als wäre ich schon im Amt und folglich auch nicht jeden Vorgang in der Stadt kommentieren.“ Auf den Vorhalt, er habe in der Endphase des Wahlkampfs dünnhäutig auf die Attacken des politischen Gegners reagiert, der ihm unter anderm unterstellt hatte, die Citymaut und flächendeckend Tempo 30 in Stuttgart einführen zu wollen, entgegnete Kuhn: „Man darf schon auch mal grantig werden, wenn man mit solchen Falschaussagen konfrontiert wird.“ Im Übrigen hätten sich sein Wahlkampfteam und er bei den Reaktionen auf die CDU-Kampagne für einen Mittelweg entscheiden. „Man hätte da auch ganz anders draufhauen können“, setzte der Mitbegründer der Grünen in Baden-Württemberg hinzu.

Grüne: CDU-Taktik mit parteilosem Bewerber ist gescheitert

Der Landesvorstand der Grünen hat am Montag Fritz Kuhn zur Wahl gratuliert und das Ergebnis als großen und nachhaltigen Erfolg grüner Gestaltungskraft gewürdigt. „Unser Erfolg, der mit der Landtagswahl 2011 seinen bisherigen Höhepunkt gefunden hat, hat sich nun im Land als nachhaltig erwiesen. Mit der Wahl von Fritz Kuhn ist der politische Wechsel im Land vollzogen. Der Begriff eines vermeintlichen bürgerlichen Lagers, das alleine von den konservativen Parteien getragen wird, hat seine Gültigkeit verloren. Wir Grünen sind eine Partei für alle Bürgerinnen und Bürger des Landes“, sagte die Landesvorsitzende und Stuttgarter Stadträtin Thekla Walker. Ihr Co-Vorsitzender Chris Kühn erklärte, der Wahlabend habe gezeigt, dass die CDU im großstädtischen Milieu nicht mehr punkten könne. Ihr Versuch, dies mit der Parteilosigkeit ihres Kandidaten zu übertünchen, sei nicht aufgegangen.

Noch am Wahlabend hatte auch der Tübinger OB Boris Palmer, 2004 selbst Kandidat der Grünen in Stuttgart, dem Parteifreund seinen Respekt bezeugt: „Fritz Kuhn hat vor 30 Jahren die Grünen mit aufgebaut. Dass er das ernten darf, was er gesät hat, ist eine schöne Geschichte.“ Weit über Stuttgart hinaus erhofft sich auch die Bundesvorsitzende der Partei, Claudia Roth, von dem Stuttgarter Wahlergebnis einen Aufschwung für ihre Partei. Sie halte sogar einen Machtverlust der CSU bei den Landtagswahlen in Bayern für möglich, so Roth in einem Fernsehinterview.