Emine Cankaya vom Fasanenhof absolviert ein Freiwilliges soziales Jahr (FSJ) in Japan. Entsendet wurde sie vom Sozialen Friedensdienst (SFD) in Kassel. Derzeit arbeitet die 20-Jährige in der Deutschen Schule in Kobe auf der Insel Honshu als Lehrer-Assistentin.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)
Fasanenhof/Kobe – - Am 19. Juli ist Emine Cankaya in den Flieger in Richtung Japan gestiegen. Im Interview mit unserer Zeitung erzählt sie von dem, was sie im vergangenen Monat erlebt hat.
Frau Cankaya, haben Sie sich in Ihrer neuen Heimat Japan bereits eingelebt?
Besser als gedacht. Ich lebe in einem Sharehouse mit vielen tollen Leuten. Darunter zwei Japanerinnen und eine Französin, mit denen ich mich gut verstehe. Die Menschen hier machen mir es auch sehr einfach, sie zu mögen. Besonders meine Stadt Kobe ist wundervoll und offen für vieles.
Was ist das Verrückteste gewesen, das Sie bislang erlebt haben?
Da ich gerade Ferien hatte, habe ich – ehrlich gesagt – sehr viele verrückte Dinge auf einmal erlebt. Eigentlich nicht verrückt, sondern eher faszinierend. Ich war mit einer Freundin in Tokushima beim Awa Odori Dance Festival. Auf der ganzen Insel haben die Japaner getanzt und verschiedene Instrumente gespielt, was sehr cool war. Da meine Freundin und ich nicht sehr viel Geld haben, sind wir zusammen getrampt. Das war eine tolle Erfahrung, und wir haben tolle Leute kennengelernt. Außerdem haben wir dank Couchsurfing bei einem japanischen Ehepaar übernachtet, das uns in Tokushima viele Sehenswürdigkeiten gezeigt und uns die japanische Küche nähergebracht hat. Wir haben auch elf der 88 Tempel in Tokushima besucht. Eigentlich ist es eine Pilgerreise, aber so viel Zeit hatten wir nicht. Wir sind nach zwei Nächten weitergetrampt zur nahe gelegenen Stadt Naruto. Dort haben wir zu siebt in einem kleinen Apartment geschlafen. Das war verrückt, aber auch witzig. Es war faszinierend zu hören, wer welche Geschichte mitbringt. Einer macht auch die Pilgerreise, ist aus Russland und lebt in Taiwan mit seiner brasilianischen Freundin. Am letzten Abend haben wir im Zug einen Japaner getroffen, der uns in das Restaurant eines Freundes eingeladen hat. Dort hat uns sogar der Chefkoch bedient.
Waren Sie auch schon im nahe gelegenen Kyoto?
Ich bin mit einem Freund nach Kyoto zu einer Zeremonie getrampt, bei der Feuer in den Bergen angezündet wird. Das Feuer bildet von weitem ein Symbol. Deshalb haben wir mit einigen anderen einen guten Platz auf dem Dach eines Hauses gesucht, das hoch und im Zentrum von Kyoto liegt. Später sind noch drei japanische Familien dazu gekommen. Wir haben gleich Wassermelone und etwas zu trinken angeboten bekommen. Und anschließend haben wir uns in gebrochenem Englisch, Französisch, Deutsch, Japanisch und gestikulierend unterhalten.
Ist das Leben in Japan wirklich so anders als in Deutschland?
In mancher Hinsicht ja. Zwar sind hier auch nur Straßen, Häuser und Autos, aber die Menschen hier sind anders. Und manchmal sind Tempel dazwischen. In Restaurants wird man sehr viel netter bedient. Es gibt auch immer kostenloses Wasser oder grünen Tee und ein heißes Tuch, um sich die Hände vor dem Essen zu säubern. Außerdem könnte ich meine Tasche liegen lassen, und keiner würde sie klauen. Japan ist sehr sicher. Aber es gibt natürlich immer mal Ausnahmen. Die Hitze ist hier besonders schlimm. Es ist etwa genauso heiß wie in Deutschland, aber dazu ist es noch sehr schwül. Manchmal kriegt man sogar Fächer auf den Straßen geschenkt oder Taschentücher. Aber etwas Gutes hat die Hitze auch: Ich kann jetzt „atsui desu“ sagen, was so viel bedeutet wie „es ist heiß“.
Haben Sie Ihren Trip in das Land des Lächelns schon mal bereut?
Nein, überhaupt nicht. Ich lerne und entdecke jeden Tag etwas Neues und ich finde das sehr aufregend. Ich bin generell ein sehr neugieriger Mensch, und hier gibt es so einiges zu sehen.
Was haben Sie sich für die kommenden Monate noch vorgenommen?
Ich werde zu einer japanischen Gastfamilie ziehen. Ich werde mit der Organisation „Asian Rural Institut“ auf den Feldern mithelfen und auf einer Art Farm mit anderen leben. In Tokio werde ich bei einer Firma eine Art Praktikum machen, um die japanische Arbeitswelt kennenzulernen. Und selbstverständlich noch sehr viel durch das Land reisen. Die Interessengebiete sind weit, aber das brauche ich, um herauszufinden, was mir am besten gefällt, und um dann zu entscheiden, was ich in Zukunft machen möchte. Wer möchte, darf mir auch gern auf meinem Internet-Blog unter emineinjapan.wordpress.com folgen und auch Fragen über Japan stellen. Ich werde dann versuchen, eine Antwort zu finden.