Jugendliche könnten künftig früher ans Lenkrad: Wer mit 16 Jahren als Autofahrer beginnt, könne bis zum 18. Geburtstag in Begleitung fahren und dadurch sicherer werden, sagen Fachleute. In Baden-Württemberg kommt der Führerschein mit 16 aber wohl so schnell nicht.

Stuttgart - Abwartend aber aufgeschlossen“, verhält sich Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gegenüber einem möglichen Vorstoß seines niedersächsischen Amtskollegen Olaf Lies (SPD), den Führerschein ab 16 auszuprobieren.

 

„Das begleitete Fahren ab 17 ist ein Erfolgsmodell“, lobte ein Sprecher Hermanns. Junge Leute würden so rechtzeitig lernen, sich verantwortungsvoll im Straßenverkehr zu bewegen. Allerdings wolle Hermann genau geprüft haben, ob es sinnvoll sei, das begleitete Fahren bereits für 16-Jährige einzuführen. „Wir werden den Rat von Verkehrsexperten einholen“, so der Sprecher.

Die Forderung erheben Experten im Vorfeld des Verkehrsgerichtstags in Goslar. Die baden-württembergischen Fahrlehrer sehen viele Vorteile an dem Vorstoß, teilen aber die die Haltung von Verkehrsminister Hermann. Jochen Klima, der Vorsitzende des baden-württembergischen Fahrlehrerverbands, betont, „es geht nicht darum, möglichst viele 16-Jährige ans Steuer zu bringen“. Auch solle nicht daran gerüttelt werden, dass der endgültige Führerschein erst ab 18 Jahren erteilt werde.

Begleitetes Fahren hat sich bewährt

Unstrittig habe es sich bewährt, dass Jugendliche unter der Aufsicht zumeist der Eltern Erfahrungen im Straßenverkehr sammelten. Dem Fahrlehrerverband liegt daran, die Phase des begleiteten Fahrens zu verlängern. Gegenwärtig würden viele Jugendliche erst wenige Wochen vor ihrem 18. Geburtstag ihren Führerschein machen. Klima würde es begrüßen, wenn die Jugendlichen am Steuer durch ein ganzes Jahr und damit durch alle Jahreszeiten begleitet würden. „Sie sollen auch im ersten Autofahrerwinter Papa neben sich sitzen haben“, wünscht sich Klima. Denn die Erfahrung habe gezeigt, dass die Risikobereitschaft der Jugendlichen sinke, wenn ein Erwachsener neben ihnen sitze: „Ein erwachsener Begleiter wirkt durch seine bloße Anwesenheit dämpfend“, weiß Klima. Teilnehmer am begleiteten Fahren hätten später 20 Prozent weniger Unfälle, erklärt der Bundesfahrlehrerverband. Besonders die gefürchteten Gruppenunfälle, wenn junge Leute nachts gemeinsam im Auto unterwegs seien, sind Jochen Klima zufolge durch das begleitete Fahren deutlich zurück gegangen.

Wenn das begleitete Fahren ab 16 möglich werde, erwartet Klima, dass mehr Jugendliche tatsächlich mit 17 am Steuer sitzen und länger mit Begleitung Erfahrungen sammeln können. Bis jetzt nutzt Klima zufolge in Baden-Württemberg etwa die Hälfte eines Jahrgangs die Möglichkeit des begleiteten Fahrens. Die anderen lassen sich Zeit mit dem Führerschein. „Vor allem in urbanen Gegenden ist die Bedeutung des Führerscheins deutlich zurückgegangen“, so Klima. In Stuttgart etwa sei das begleitete Fahren „eher kein Thema“. Da würden die jungen Leute ihren Führerschein mit 18 oder 19 oder auch noch später machen. Ganz anders sieht es in ländlichen Gebieten aus, in denen Busse und Bahnen eher selten verkehren.

Derzeit lässt das europäische Recht einen Führerschein mit 16 Jahren jedoch nicht zu. Das Land Niedersachsen hat bereits reagiert. Dessen Verkehrsminister Olaf Lies will sich mit Experten beraten. Ein Ergebnis könnte eine Bundesratsinitiative sein, das Gesetz zu ändern. Der baden-württembergische Fahrlehrerverband verhält sich wie Verkehrsminister Hermann abwartend. „Wir lassen den Niedersachsen den Vortritt und warten ab, ob die das durchkriegen“, erklärt Klima. Schließlich seien die Niedersachsen auch 2004 mit dem begleiteten Fahren ab 17 vorgeprescht. 2008 folgte Baden-Württemberg.