Unmittelbar vor der Abstimmung über den Ausschluss des Abgeordneten Wolfgang Gedeon aus der AfD-Fraktion muss sich Fraktionschef Jörg Meuthen erneut heftiger Kritik aus den eigenen Reihen erwehren.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Die AfD in Baden-Württemberg gerät immer tiefer in die Krise. Nun droht der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag die endgültige Spaltung. Der Grund: der erweiterte Vorstand der Fraktion stellt sich gegen den eigenen Fraktionschef Jörg Meuthen. Ihm wird vorgeworfen, in der Krise um die antisemitischen Äußerungen des AfD-Abgeordneten Wolfgang Gedeon völlig falsch agiert zu haben.

 

In der schriftlichen Stellungnahme, die unserer Zeitung vorliegt, heißt es wörtlich: „Wir sind und waren seit Bekanntwerden der schwerwiegenden Antisemitismusvorwürfe gegen Herrn Gedeon für eine ruhige und besonnene Vorgehensweise. Unseren Vorschlag durch ein unabhängiges wissenschaftliches Gutachten diese Vorwürfe zu prüfen, ist Herr Meuthen trotz unserer Hinweise und starken Bedenken nicht gefolgt.“ Schließlich folgt der indirekte Vorwurf an den Fraktionsvorsitzenden, die Lage aus eigenen Stücken eskaliert zu haben. Und der AfD auf diese Weise direkt zu schaden. „Wir fordern Hern Meuthen auf, auf die Sachebene der Causa Gedeon zurückzukehren und die Spaltung der Partei nicht billigend in Kauf zu nehmen.“ Unterschrieben ist das Papier von Emil Sänze, Rainer Balzer und Bernd Grimmer, alle drei sind Mitglieder des Fraktionsvorstands.

AfD-intern wird nun nicht mehr damit gerechnet, dass an Dienstag die nötige Zweidrittelmehrheit in der Fraktion für den von Meuthen angestrebten Parteiausschluss stimmen wird. Das wäre dann das Ende des Fraktionsvorsitzenden, der sein politisches Schicksal vom Verbleib Gedeons in der Partei abhängig gemacht hat.

Meuthen scheint innerhalb der Partei zunehmend isoliert

Auslöser der Krise sind Gedeons Aussagen über den Holocaust. In einem Buch hat der Konstanzer Abgeordnete geschrieben, das Denkmal für die ermordeten Juden Europas erinnere an „gewisse Schandtaten“. Zudem hat der Arzt Holocaust-Leugner als „Dissidenten“ bezeichnet und so mit Menschen verglichen, die für ihr politisches Engagement in autoritären Regimen verfolgt werden.

Innerhalb der AfD heißt es nun, vielen Parteimitgliedern seien die einsamen Entscheidungen und politischen Alleingänge Meuthens auf die Nerven gegangen. Der Fraktionschef habe sich deswegen in den vergangenen Wochen zunehmend isoliert. Hinter vorgehaltener Hand werfen ihm manche vor, ihm sei der eigene Erfolg zu Kopf gestiegen. Das Gefühl der eigenen politischen Wichtigkeit habe Meuthen dazu verleitet, so wird gemunkelt, alles auf eine Karte zu setzen und den Fall Gedeon mit Drohungen gegen die eigene Fraktion durchzupeitschen.

Petry wirft Meuthen Alleingänge vor – Meuthen reagiert gereizt auf Petrys Angriffe

Schwere Vorwürfe gegen Meuthen kommen auch von Frauke Petry, mit der zusammen er auch die AfD-Bundespartei führt. Mit seinem Verhalten treibe Meuthen einen Keil in die Fraktion der Baden-Württembergischen AfD, schreibt die Frontfrau in einer Erklärung an die Parteimitglieder. Petry wirft ihm vor, dass Meuthen seinen Rücktritt „medienöffentlich“ und ohne vorherigen Kontakt mit der Fraktion angedroht habe. Auch sie kritisiert, dass der Fall um Gedeon von Meuthen selbst von der „Sachebene“ auf die persönliche Ebene gehoben worden sei. Erst dadurch habe es Streit in der Fraktion gegeben.

Jörg Meuthen reagierte äußerst gereizt auf diese Angriffe. Er wirft Petry ein „bizarres Hineinregieren“ in die Landtagsfraktionen vor. Der „Welt“ sagte der Fraktionsvorsitzende, die Äußerungen Petrys seien „wahrheitswidrig“. Tatsache ist, dass sich wohl die Mehrheit in der Fraktion der Alternative für Deutschland im Stuttgarter Landtag auf eine Zeit nach Jörg Meuthen einstellt.