Der wichtigste für die Infrastruktur zuständige Mitarbeiter, Oliver Kraft, verlässt die Deutsche Bahn. Die Grünen vermuten einen Zusammenhang mit dem umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der wichtigste Infrastruktur-Manager der Deutschen Bahn (DB) verlässt überraschend den Staatskonzern. Schon am 1. Mai soll Oliver Kraft, Vorstandsvorsitzender der DB Netz AG, durch Frank Sennhenn ersetzt werden, der bislang die DB Regio leitet. Die Gründe für den Führungswechsel blieben zunächst unklar. Die Grünen vermuten einen Zusammenhang mit der auch bahnintern umstrittenen Entscheidung zum Bau von Stuttgart 21 trotz eines weiteren Kostenanstiegs.

 

Ein Bahn-Sprecher wollte auf Anfrage die Vorgänge nicht kommentieren. Heute soll eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung der DB Netz AG unter Vorsitz von Konzernchef Rüdiger Grube den Führungswechsel beschließen. Das wurde in Bahn- und Regierungskreisen bestätigt. Der Branchen-Informationsdienst „ÖPNV aktuell“ hat die Nachricht zuerst verbreitet und beruft sich auf zuverlässige Informationen aus dem Konzern. Führungskräfte wurden demnach bereits vorigen Freitag in einer Telefonkonferenz über den Weggang von Kraft informiert.

Der 50-Jährige leitet seit drei Jahren die DB Netz AG, die mit 34 000 Mitarbeitern das größte Schienennetz Europas betreibt. Kraft ist damit auch der wichtigste Mann von DB-Konzernvorstand Volker Kefer, der für Infrastruktur und Technik verantwortlich ist. Kefer steht seit Monaten wegen der unbefriedigenden Entwicklung seiner Zuständigkeitsbereiche sowie der Kostenexplosion bei Stuttgart 21 auch konzernintern in der Kritik. Kürzlich hatte der Aufsichtsrat die Weiterführung des Projekts erst nach einer längeren Prüfphase genehmigt.

Für den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Bundestags, Anton Hofreiter, ist die unmittelbare zeitliche Nähe des Führungswechsels mehr als auffällig. „Schon zum zweiten Mal verlässt nun ein Spitzenmanager der Deutschen Bahn das Unternehmen, nachdem umstrittene Entscheidungen zum Weiterbau von S 21 gefallen sind“, sagte der Grünen-Politiker. Ende 2009 verließ bereits Stefan Garber, damals etablierter Konzernvorstand für die Infrastruktur, Knall auf Fall den Konzern. Der Aufsichtsrat hatte damals ebenfalls den Bau von S 21 trotz hoher Mehrkosten beschlossen. Am gleichen Tag wurde der Abgang des wichtigsten Infrastrukturmanagers bekannt, dessen Vertrag noch vier Jahre gelaufen wäre und der noch im Frühjahr 2009 die Finanzierungsvereinbarung zu S 21 unterzeichnet hatte. Damals begründete der Konzern die Personalie Garber mit unterschiedlichen Auffassungen zu den Grundsätzen der Unternehmensführung.