Vor fünf Jahren ist Prellbock 049 symbolisch für den Baustart von Stuttgart 21 von Rüdiger Grube aus dem Gleis gehoben worden. Inzwischen ist viel passiert rund um das Milliardenprojekt der Bahn - und 049 ist immer noch im Einsatz

Stuttgart - Erinnern Sie sich noch an Prellbock 049? Gar nicht? Aber er war doch der Star beim offiziellen Baustart für das umstrittene Milliardenprojekt Stuttgart 21 - vor inzwischen fünf Jahren (2.2.2010). Prellbock 049 wurde damals mit großem Bahnhof im Hauptbahnhof von einem Bagger aus dem Gleis gehoben. Was aller Welt zeigen sollte: Weg mit den Prellböcken - und Bremsklötzen - im alten Kopfbahnhof, die Zukunft gehört dem Durchgangsbahnhof unter der Erde. Prellbock 049 stand für den Aufbruch, sogar Museen meldeten Interesse an diesem ganz besonderen Zeugen der Geschichte an.

 

Rückblick: 2. Februar 2010

Der Ministerpräsident heißt noch Günther Oettinger (CDU) und der Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Gemeinsam mit Bahnchef Rüdiger Grube drücken sie auf einen Knopf und ein Bagger hebt 049 vor Hunderten Gästen aus einem Gleis.

Doch der Streit um das damals immer teurer werdende Milliardenprojekt fängt damit eigentlich erst richtig an: Die Proteste nehmen im Laufe des Jahres 2010 zu. Zehntausende gehen auf die Straße. Einen ersten Höhepunkt erlebt das Ganze beim Abriss des Nordflügels des denkmalgeschützten Hauptbahnhofs im Sommer. Als im Herbst im nahen Schlossgarten die ersten Baume gefällt werden, stellen sich tausende dagegen. Am „Schwarzen Donnerstag“ werden durch Wasserwerfer, Schlagstöcke und Pfefferspray mehr als 100 Demonstranten verletzt.

Schlichtung, Stresstest, Volksabstimmung

Es folgen noch vor Weihnachten 2010 acht Runden Schlichtung mit Vermittler Heiner Geißler (CDU). Befürworter und Gegner des geplanten Tiefbahnhofs streiten sich über dessen Leistungsfähigkeit. Ein Stresstest wird erstellt. Das Thema bestimmt die Landtagswahl mit, die Grün-Rot an die Macht bringt. Das Projekt wackelt, bis Ende 2011 eine Volksabstimmung eine Niederlage der Gegner ergibt: 58,8 Prozent stimmen gegen einen Ausstieg des Landes. Zwar demonstrieren Gegner bis heute jeden Montag, doch der große Protest ist erloschen.

Bis dann am Hauptbahnhof richtig gebuddelt wurde, sollte aber noch Zeit vergehen. Erst als der Bahn-Aufsichtsrat im März 2013 beschließt, den Bau auch ohne Klärung letzter Finanzierungsfragen für das auf 6,5 Milliarden Euro geschätzte Projekt durchzuziehen, sei es richtig losgegangen, erinnert sich Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Drei Jahre sei „nur sporadisch“ und in „homöopathischen Dosen“ gebaut worden. Bedenke man das, sei „eine ganze Menge geschehen“.

Bahn: Sind mit dem Bau gut in der Zeit

Für Laien ist das schwer zu beurteilen: Kann hier, wo jetzt Bagger und Baumaschinen jede Menge Dreck hin und herfahren in knapp sieben Jahren ein voll funktionsfähiger unterirdischer Bahnhof starten? Man sei gut in der Zeit, heißt es bei der Bahn. Ende 2021 sei für die Fertigstellung nach wie vor drin.

Alle vier Tunnel in Stuttgart seien im Bau, ein Zehntel davon im Rohbau fertig. In diesem Jahr soll nördlich des Hauptbahnhofs mit dem Bau der neuen S-Bahn-Station Mittnachtstraße begonnen werden. Auch an der Neubaustrecke Richtung Ulm seien bis auf einen alle Tunnel im Bau, eine markante Brücke bei Denkendorf (Kreis Esslingen) ist sogar schon fertig. Ein Risiko für den Zeitplan sei der Streit um den Flughafenbahnhof, so ein Sprecher.

An die Umstände auf der Baustelle Hauptbahnhof haben sich die Passagiere längst gewöhnt. Über zwei gut 100 Meter lange Tunnel werden sie vom Bonatz-Bau über das Baufeld zu den 16 Gleisen geführt. Ist die Baugrube gegraben, werden sie durch Brücken ersetzt sein, hieß es. Ein Steg führt zudem rüber in den Schlossgarten und endet genau dort, wo im Herbst 2010 die Wasserwerfer fuhren.

Prellbock vom Museum zurück im Dienst

Aber was ist denn nun aus Prellbock 049 geworden? Steht er im Museum? So wie der mit Plakaten und Schmähungen versehene einstige Bauzaun? Der hat seinen Weg nicht nur ins Haus der Geschichte des Landes gefunden, sondern sogar ins DB Museum in Nürnberg.

Der mehr als 40 Jahre alte Prellbock 049 hingegen steht nicht im warmen Museum, sondern „verrichtet weiter seinen Dienst“, wie es bei der Bahn heißt. Er wurde damals nur versetzt uns steht weiter zwischen den Gleisen 4 und 5. Etwas weiter draußen als damals.

049 ist der Puffer eines vielleicht 150 Meter langen Abstellgleises, bei dem man sich fragt, ob da überhaupt nochmal ein Waggon abgestellt wird. Die meisten anderen Prellböcke von einst sind längst durch kräftigere ersetzt. 049 steht an diesem Morgen verlassen im Schneegestöber draußen vor dem Bahnhof. Er hat Rost angesetzt. Vertan die Chance, zum vielleicht berühmtesten Exemplar seiner Gattung zu werden. Oder erinnert man sich doch noch seiner, wenn der Tiefbahnhof in Betrieb geht und das Gleisfeld nach und nach abgebaut wird?