Wer jetzt noch kein Weihnachtsgeschenk hat, braucht nicht zu verzagen: Killer & Co. lässt fünf Bücher aus dem Jahr 2015 Revue passieren, die sich unterm Baum gut machen – plus „Dornbusch“, den neuen Kracher von Ross Thomas.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Weihnachten rückt näher, und ehe die Partner von Krimifreunden am Ende mit leeren Händen dastehen, lasse ich hier fünf ganz persönliche Höhepunkte des Jahres Revue passieren. Den Anfang aber macht – als Bonus gewissermaßen – ein neues Buch, das noch nicht ausführlich vorgestellt wurde, im Zuge unserer Leute-lest-Ross-Thomas-Kampagne aber erwähnt werden muss: Dornbusch.

 

Wer Thomas kennt, weiß dass kaum einer seiner Kollegen auf der ganzen weiten Welt so schön über menschliche Niedertracht und politisches Ränkespiel schreiben kann. Das ist in diesem Fall – der Berater eines US-Senators reist in die Heimatstadt, weil dort seine jüngere Schwester, eine karrierebewusste Polizistin, in die Luft gesprengt worden ist – nicht anders. Weil es gerade in den Kram passt, soll unser Held auch einen ehemaligen CIA-Mann in einer heiklen Angelegenheit befragen. Es kommt, wie es kommen muss: der Mann stößt auf einen Sack voll Spitzbübereien, zu denen wie selbstverständlich der Mord als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln gehört.

In seiner ganzen Anlage gehört Dornbusch zu den besten aller Ross-Thomas-Romane (schlechte gibt es meines Wissens eh keine). Nicht zuletzt wegen der messerscharfen Dialoge – sei es bei allfälligen Zeugenbefragungen, sei es beim Sex. Great!

Schurkereien, allerdings reale, spielen auch bei unserem ersten regulären Rückblickstipp eine Rolle: Andrei Gavrilovs Autobiografie „Tschaikowski, Fira und ich“. Der Weltklassepianist gibt tiefe, durchaus auch schockierende Einblicke in seine Branche. Und schildert, welche mörderischen Methoden das Sowjetsystem anwandte, wenn einer nicht nach seiner Pfeife tanzen wollte.

Von Moskau nach Rom: als „Lehrstück in Asozialkunde“ haben wir „Suburra“ von Giancarlo De Cataldo und Carlo Bonini bezeichnet. Man möchte manchmal gar nicht wissen, was für ein krimineller, zutiefst verderbter Pfuhl Rom ist. Ewig – heiliges Jahr hin, katholischer Weltmittelpunkt her – scheint in der Stadt nur das Böse zu sein. Und die Autoren schenken uns in ihrem auf realen Verhältnissen basierenden Buch nichts.

Da ist Drago Jančars „Die Nacht, als ich sie sah“ einiges dezenter angelegt. Aber auch in dieser Geschichte um eine schöne, reiche Frau, die nach einer Amour fou mit einem Offizier in den Wirren des zweiten Weltkriegs verschwand, lässt uns der Autor in tiefe Abgründe blicken. Das Buch ist nicht nur für Freunde post-kakanischer Nostalgie ein Muss.

Für die Skandinavier-Fans unter uns soll an dieser Stelle Jesper Steins „Weißglut“ stehen. Vizekriminalkommissar Axel Steen ist so übel gelaunt wie eh und je, er zeichnet erneut ein Bild von Kopenhagen, das alles, bloß nicht kuschlig ist. Genau das richtige für einen langen Abend in den Weihnachtsferien.

Dem Großmeister James Lee Burke schließlich gilt unser letzter Tipp: „Glut und Asche“, sein zweiter Hackberry-Holland-Roman ist für mich das Buch dieses Jahres. So süffig, so satt, so ausladend und doch so straff ist kein anderer Thriller gewesen. In diesem Sinne: Platz 1 für die Geschichte des aufrechten Sheriffs, der wieder an allen Fronten gleichzeitig kämpfen muss.