Klappt das Geschäft zwischen Bayer und Monsanto, entstünde der klare Weltmarktführer für Ackerchemie und Saatgut. Der Chemiekonzern Bayer hat bei seinem Vorstoß die schnell wachsenden Agrarmärkte in Asien und Übersee im Blick.

Leverkusen - Das Fusionskarussell im Chemie- und Pharmabereich dreht sich immer schneller. Jetzt hat das Dax-Schwergewicht Bayer angekündigt, den US-Konkurrenten Monsanto für 62 Milliarden US-Dollar (55 Milliarden Euro) übernehmen zu wollen. Klappt der Deal, entstünde der bei weitem größte Anbieter von Saatgut mit einer äußerst starken Stellung auch im Pflanzenschutzbereich. Im Blick hat Bayer bei seinem Vorstoß die schnell wachsenden Agrarmärkte in Asien und Übersee. Es geht dem Konzern aber offenbar auch darum, die immer stärker steigenden Forschungssausgaben für neue Wirkstoffe besser verdauen zu können.

 

Konstruktive Gespräche

Der Deal biete „eine überzeugende Gelegenheit für Bayer, ein weltweit führendes Unternehmen für Saatgut, Pflanzeneigenschaften und Pflanzenschutz zu schaffen“, erklärte das Unternehmen in einer Pflichtmitteilung am Montag. Bayer machte mit rund 117.000 Beschäftigten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 43,6 Milliarden Euro. Monsanto mit rund 21.000 Mitarbeitern wies im Geschäftsjahr 2014/2015 einen Umsatz von 15 Milliarden Dollar (13,3 Milliarden Euro) aus. Man befinde sich in „konstruktiven Gesprächen mit Monsanto“, sagte der Bayer-Chef Werner Baumann am Montag in einer Telefonkonferenz. Man erwarte „eine positive Antwort von Monsanto“.

Zunehmende Nahrungsmittelknappheit und langfristig steigende Preise heizen derzeit die Fantasien im Agrargeschäft an. Der Markt der Hersteller von Saatgut und Ackerchemie konzentriert sich immer weiter. Die US-Riesen DuPont, der eine Größe im Saatgutbereich ist, und Dow Chemical – ein wichtiger Player im Pflanzenschutz – haben im vergangenen Jahr angekündigt, zusammengehen. Und der chinesische Staatskonzern Chemchina ist in Übernahmeverhandlungen mit dem Schweizer Pflanzenschutzexperten Syngenta weit fortgeschritten. Im vergangenen Jahr noch war Monsanto der Angreifer gewesen und hatte den Schweizer Konkurrenten Syngenta übernehmen wollen. Mit einer Übernahme von Monsanto, das unter anderem das umstrittene Totalherbizid Glyphosat herstellt, würde sich der Markt nun weiter konzentrieren.

Wie werden die Kartellämter entscheiden?

Eine wichtige Rolle in dem Prozess wird nach Einschätzung von Beobachtern den Kartellbehörden zukommen. „Die Kartellämter müssen ihr O.K. geben, sagte Ulle Wörner, Analyst der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) unserer Zeitung. Die Überschneidungen im Produktportfolio der beiden Konzerne seien aber „nicht so groß“. „Wirklich fundamentale Bedenken sind daher unwahrscheinlich.“

Im Fokus der Konzerne ist auch der wachsende Markt für gentechnisch verändertes Saatgut. Sogenannte GVO-Organismen – also etwa Mais- oder Weizenpflanzen, die durch gentechnische Verfahren verändert wurden – spielen in Europa zwar nahezu keine Rolle, weltweit sind derartige Designerpflanzen aber auf dem Vormarsch. Die Anbauflächen betragen inzwischen rund 175 Millionen Hektar und steigen jährlich um etwa acht Millionen Hektar an. Zum Vergleich: Die deutschen Ackerflächen betragen rund 12 Millionen Hektar.

Gentechnisch verändertes Saatgut

Besonders in Nord- und Süd-Amerika und in Asien setzen die Erzeuger auf entsprechende Nahrungsmittel, zu denen spezialisierte Anbieter auch die passenden Pflanzenschutzmittel anbieten. Monsanto ist hier das führende Unternehmen, aber auch DuPont und Syngenta haben eine starke Stellung. Diese Konzerne stehen auch unter starkem Beschuss von Umweltorganisationen und Entwicklungsexperten. Die „Paketangebote“ von GVO-Saatgut und abgestimmtem Pflanzenschutzmitteln führten zu einer enormen Abhängigkeit der Bauern von den Agrarkonzernen, heißt es. 2014 wurden GVO-Pflanzen schon auf 13 Prozent der weltweiten Ackerflächen angebaut. Allerdings steigen die Ausgaben zur Entwicklung neuer Sorten und neuer Wirkstoffe. Tilmann Becker, Agrarökonom an der Universität Hohenheim, sieht im möglichen Zusammengehen zwischen Bayer und Monsanto denn auch eine Möglichkeit für die Konzerne, „ihre Forschungsmittel zielgerichteter und effizienter“ einzusetzen.

In Deutschland und Europa fristen gentechnisch Veränderte Produkte dagegen ein Nischendasein. In Deutschland finden inzwischen „weder Feldversuche noch kommerzieller Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen“ statt, heißt es in einer Veröffentlichung Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. In Europa ist die Nachfrage nach GVO-Pflanzen vergleichsweise gering. Seit April 2015 ist es den EU-Staaten freigestellt, nationale Anbauverbote oder -beschränkungen für GVO-Organismen zu erlassen.