Die Verpflichtung des Flüchtlings Bakery Jatta aus Gambia gestaltet sich für den Fußball-Bundesligisten Hamburger SV als schwierige Angelegenheit. Es gibt Zweifel daran, ob er tatsächlich erst 17 Jahre alt ist.

Hamburg - Vor ein paar Tagen hat sich Bakery Jatta im Universitätsklinikum im Hamburger Stadtteil Eppendorf untersuchen lassen. Festgestellt werden sollte, ob er die körperlichen Voraussetzungen für eine Karriere als Fußballprofi erfüllt. Und wie es aussieht, fiel das Ergebnis zur Zufriedenheit des Hamburger SV aus. Sportlich hatte Jatta seine Eignung ohnehin schon angedeutet. Zum Start der Wintervorbereitung hatte er zwei Tage am Training des Bundesligisten teilgenommen und Eindruck hinterlassen. „Er macht frisch mit und nimmt die Anforderungen sehr, sehr schnell an“, sagte der HSV-Sportchef Peter Knäbel. Jattas Mitspieler lobten das Spielverständnis und die ruhige und zugleich selbstbewusste Art des Probanden.

 

Die Hamburger hätten also gute Gründe, Bakery Jatta unter Vertrag zu nehmen. Doch so einfach ist das nicht.

Die Geschichte des jungen Flüchtlings aus Gambia, der auf einen Vertrag in der Bundesliga hoffen kann, hat ja grundsätzlich das Zeug zum Märchen in diesen Tagen. Es ist allerdings ein Märchen mit Hindernissen, und ob dieses Märchen gut ausgeht und wirklich eines ist, ist auch noch offen.

HSV-Trainer Bruno Labbadia ist angetan von Bakery Jatta

Vor einem halben Jahr kam Jatta in Deutschland an. Alleine, ohne Eltern. Er fand Zuflucht in der Akademie Lothar Kannenberg bei Bremen, deren Ziel es ist, junge Flüchtlinge durch Sport in die Gesellschaft zu integrieren. Kannenberg selbst war früher Boxer, er gilt als Entdecker von Arthur Abraham und ist gut vernetzt in der Sportwelt. Bei den Fußballspielen in der Akademie war er sofort angetan von Jatta, einem Linksfuß, der sich im offensiven Mittelfeld wohlfühlt und angeblich noch nie in einem Verein gespielt hat. Das Wort „angeblich“ gehört zu Jattas Geschichte. Es gibt viele Unklarheiten, wie so oft bei jungen Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen und in einem fremden Land ankommen.

Kannenberg hat einen Berater eingeschaltet, den Bremer Efe-Firat Aktas, der Jatta ein Probetraining in der zweiten Mannschaft des SV Werder vermittelte. Die Bremer waren angetan, boten Jatta sogar gleich einen Vorvertrag an. Jatta war damit nicht zufrieden. Er will offenbar direkt in die Bundesliga, will direkt einen festen Vertrag. So wurde es also nichts mit Jatta und Werder. Die Bremer wehren sich gegen den Vorwurf, sie hätten sich ein Juwel durch die Lappen gehen lassen. Man habe nichts versäumt, sagt der Sportchef Eichin: „Es ist momentan ein typisches Thema: Da versucht irgendjemand, einen Spieler in eine Richtung zu drücken, damit der Preis steigt. Das machen wir nicht mit.“ Mit irgendjemand meint Eichin vermutlich Kannenberg und den Berater Aktas, die mit großem Eifer daran arbeiten, den Gambier in der Bundesliga unterzubringen.

Nach dem Probetraining in Bremen stellte sich Jatta beim HSV vor. Der Trainer Bruno Labbadia sagt, dass er Respekt vor Jattas Geschichte habe, aber dass auch für ihn das Leistungsprinzip gelte. Einen Flüchtlingsbonus gebe es nicht. Trotzdem haben die Hamburger Interesse an dem jungen Mann aus Gambia. Das zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass sie ihn zum Medizincheck geschickt haben. Gerade ist die Mannschaft im Trainingslager im türkischen Belek. Wenn die Hamburger zurück sind, soll Jatta noch einmal vorspielen. Den Termin dafür klären gerade Berater und Juristen.

Ist er 17 Jahre? Oder doch schon 20 oder 21?

Überhaupt gestaltet sich Jattas Verpflichtung schwierig für den HSV. Ein Vertrag soll schon ausgearbeitet sein, doch bis zu seiner Volljährigkeit darf Jatta nicht unterschreiben. Dass er nicht aus der EU stammt, verkompliziert die Angelegenheit zusätzlich. „Wir haben viele Dinge zu klären. Es ist ein komplexer Fall“, sagt Hamburgs Sportchef Knäbel. Bis Vollzug gemeldet werden könne, sei noch ein Stück zu gehen. Da ist ja auch noch die Frage nach Jattas Alter. Offiziell ist er 17 Jahre jung, am 6. Juni soll er nach eigener Aussage 18 werden. Laut dem „Hamburger Abendblatt“ gibt es beim HSV allerdings Zweifel an dieser Version. Bei einer Untersuchung sei festgestellt worden, dass das Wachstum des 17-Jährigen abgeschlossen sei. Jattas mögliches Alter soll eher bei 20 oder 21 Jahren liegen. Ein Beweis liege nach dem Medizincheck aber nicht vor. „Man muss den Angaben zunächst einmal glauben“, sagt Knäbel. Überzeugt klingt das nicht.

Der HSV steht wegen Jatta in Kontakt mit der Deutschen Fußball Liga sowie dem Fußball-Weltverband Fifa und prüft den Fall juristisch. Trotz der Zweifel am Alter wurde ihm bereits ein Vertragsentwurf zugeschickt. Nach Auskunft der Hamburger Arbeitsagentur braucht er als Berufssportler zumindest keine spezielle Arbeitserlaubnis.