Jann-Fiete Arp – diesen Namen wird man sich merken müssen. Der HSV-Teenager erzielt gegen den VfB Stuttgart sein zweites Tor im dritten Bundesligaspiel.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Hamburg - Mit einer geschmeidigen Bewegung hat er Benjamin Pavard an der Strafraumgrenze ins Leere laufen lassen. Elegant hat er gleichzeitig den Ball mit dem Außenrist des rechten Fußes nach innen mitgenommen und als er für den Bruchteil einer Sekunde gegen Timo Baumgartl die Lücke sah, da hat Jann-Fiete Arp abgezogen. „Der Ball ist noch ewig langgerollt und ich dachte schon, er geht nur an den Pfosten und raus“, ließ der junge Stürmer des Hamburger SV anschließend über den Fußball-Bundesligisten mitteilen. Er selbst darf ja nicht sprechen. Zumindest nicht mit Medienvertretern, da ihn der Sportchef Jens Todt vor zu viel Rummel bewahren will.

 

17 Jahre ist Arp erst alt und mit seinem Treffer (69.) zum 3:1-Endstand gegen den VfB Stuttgart brachte er die Nordtribüne des Volksparkstadions zum Beben – vor Freude. Denn der ersehnte Erfolg nach acht sieglosen Spielen des HSV war damit perfekt. Aber auch auf dem Platz spielten die Emotionen nach dem 500. Heimsieg des Bundesliga-Dinos verrückt. Mit ausgebreiteten Armen jubelte Arp, die Mitspieler feierten ihn und hinterher überschlugen sie sich vor Lobeshymnen.

„Fiete ist ein überragender Stürmer mit einem überragenden Torabschluss“, sagt Dennis Diekmeier, der ebenfalls seinen Anteil am Treffer hatte. Der Rechtsverteidiger behinderte in abseitsverdächtiger Position den VfB-Torhüter Ron-Robert Zieler in der Sicht. Doch in Stuttgart interessierte dieses Detail nur wenige – und in Hamburg niemanden, da die HSV-Fans vollauf damit beschäftigt waren, ihren neuen Liebling in den Himmel zu heben. Als Hoffnungsträger nach Jahren des fußballerischen Darbens sehen sie ihn, gar als neuen Uwe Seeler. „Uns Fiete“, wird das Eigengewächs unter der Anhängerschaft schon gerufen, in Anlehnung an die 81-jährige HSV-Ikone. „Ich bin nicht böse, wenn er so genannt wird“, sagt Seeler und spricht sich dafür aus, im Kampf gegen den Abstieg weiter auf die Unbekümmertheit der Jugend zu setzen.

Der Teenager zahlt Gisdol das Vertrauen zurück

Ein Faktor, der Markus Gisdol dazu bewogen hat, Arp gegen den VfB erstmals in die Startelf zu stellen. Wochenlang hatte der HSV-Trainer zuvor am kriselnden Bobby Wood festgehalten, doch nun war es Zeit für Veränderungen. Und der Teenager zahlte das Vertrauen wie der dribbelstarke Tatsuya Ito (20) mit seinem zweiten Tor im dritten Erstliga-Einsatz zurück. „Wir müssen nun schauen, dass die Erwartungshaltung an diese jungen Burschen nicht zu weit nach oben schießt“, sagte Gisdol.

Sorgen, dass Arp abheben könnte, machen sie sich beim HSV jedoch weniger. Der Schüler, der im Clubinternat lebt, gilt nicht nur als torgefährlich, sondern ebenso als bodenständig. Weshalb er sich im Spagat zwischen Abitur und Profifußball befindet. Bis vor Kurzem trainierte die Ausnahmebegabung nur einmal in der Woche mit Gisdols Kader. Nun wurde eine Vereinbarung mit seinem Gymnasium getroffen, einer Eliteschule des Fußballs, wonach Arp vier von sechs Übungseinheiten in der Woche mit dem Bundesligateam absolvieren kann – ohne Unterrichtsstoff zu verpassen. Privatlehrer helfen, alles nachzuholen und die Reifeprüfung abzulegen.

Nicht so einfach könnte es sich gestalten, das Eigengewächs langfristig in der Hansestadt zu halten. Erst im vergangenen Sommer wurde Arps Vertrag bis 2019 verlängert, weil schon der FC Chelsea vorstellig geworden war und auch andere europäische Edelclubs Interesse zeigen. Seither hat der Angreifer die U-17-WM in Indien als zweitbester Torschütze verlassen und ist jetzt voll in der Bundesliga angekommen. Beste Referenzen sind das. „Wir hätten schon vorher gerne um fünf Jahre verlängert“, sagt Todt und signalisiert, „dass wir 24 Stunden am Tag gesprächsbereit sind“. Mal sehen, was das so gefragte Toptalent dazu sagt.