Wenig Elan in der Offensive, deutliche Worte von Jérôme Boateng. So hat unser Reporter das 0:0 der deutschen Mannschaft gegen Polen gesehen.

Paris - Die beste aller Nachrichten gleich vorneweg: Im Gegensatz zum bis dahin letzten Gastspiel der deutschen Nationalmannschaft im Stade de France von Paris, blieben am Donnerstagabend alle Beteiligten von dramatischen Eindrücken verschont. Am 13. November des vergangenen Jahres erschütterten die schrecklichen Attentate am Rande des Testspiels zwischen Deutschland und Frankreich nicht nur die Fußballwelt. Nun, im zweiten EM-Gruppenspiel der DFB-Elf gegen Polen, blieb es bei sportlichen Themen – und die vor der Partie am heftigsten diskutierte Frage hatte Joachim Löw schon weit vor dem Anpfiff beantwortet.

 

Der zuletzt verletzte Mats Hummels gehörte wieder zur Startelf, Shkodran Mustafi, der im Auftaktspiel gegen die Ukraine (2:0) gespielt und getroffen hatte, musste auf der Bank Platz nehmen. Von Löw war das ein Zeichen des Vertrauens in Hummels. Aber auch eines an die Mannschaft als Warnung vor den Polen – gegen die er das bestmögliche Personal auf dem Platz haben wollte. Aus gutem Grund.

Schon nach wenigen Minuten wurde deutlich, zu wie viel Gegenwehr die Truppe um Topstürmer Robert Lewandowski fähig ist. Sami Khedira holte sich gleich zu Beginn eine Gelbe Karte ab, in dem er einen Angriff der Polen per Foul unterband. In der Folge dominierte das deutsche Team zwar einigermaßen das Spiel, zu echten Torchancen kam die DFB-Elf aber nicht – der polnische Strafraum blieb ein verbarrikadiertes Territorium, andererseits ging von Lewandowski und seinen offensiven Mitstreitern immer wieder Gefahr aus, so dass Löws Team einen Teufel tat, die totale Offensive zu wagen. Und das war gut so. „In der Defensive haben wir gut gespielt“, sagte der Bundestrainer. Wobei die Polen direkt nach der Pause einen Beleg ihrer Gefährlichkeit lieferten.

Boateng fordert eine Steigerung in der Offensive

Jakub Blaszczykowski passte auf Kamil Grosicki, der flankte nach innen – und hätte Aradiusz Milik drei Meter vor dem Tor nicht den Ball um Zentimeter verpasst, hätte das deutsche Team auch noch einem Rückstand hinterherlaufen müssen. Doch auch so blieb die Partie ein hartes Stück Arbeit mit einem gewissen Risikofaktor. Zumal auch im zweiten Spiel dieser EM noch lange nicht alles rund lief im deutschen Team. „Wir haben es nicht geschafft, das Spiel zu kontrollieren“, sagte Mats Hummels.

Toni Kroos ordnete das Spiel der DFB-Elf gegen aggressive Polen nicht in gewohnter Manier, vor allem über die rechte Seite entwickelte sich kein druckvolles Angriffsspiel, und das Offensiv-Trio Thomas Müller (rechts), Julian Draxler (links) und Mario Götze (einzige Spitze) blieb lange wirkungslos. „Wir haben kein Eins-gegen-Eins-Duell gewonnen, nach vorne war das zu wenig“, sagte Abwehrspieler Jérôme Boateng. „Wir hatten zu wenig klare Torchancen“, ergänzte Toni Kroos. Und auch Der Coach stimmte mit ein: „Im letzten Drittel hatten wir zu wenig Lösungen.“ Anders die Polen, für die allerdings Milik auch seine zweite gute Möglichkeit vergab, ehe endlich auch das deutsche Team ein offensives Ausrufezeichen setzte: Özil scheiterte allerdings an Torhüter Lukasz Fabianski. Der kurz zuvor für Mario Götze eingewechselte André Schürrle allerdings brachte tatsächlich Schwung ins DFB-Spiel, wenig später brachte Löw auch noch Mario Gomez (für Julian Draxler). Das deutsche Team wurde zielstrebiger, zum Sieg rechte es dennoch nicht mehr.

Und so ist das Ticket für das Achtelfinale noch nicht gebucht, beste Chancen allerdings bestehen vor dem Gruppenfinale am Dienstag (18 Uhr) gegen Nordirland – schon bei einem Unentschieden steht der Weltmeister in der K.o.-Runde. Doch soll es nicht nur das Minimalziel sein. „Wir wollen gewinnen und als Gruppenerster weiterkommen“, sagte Kroos. Wohl wissend, dass eine Steigerung nötig ist. „Offensiv hat viel gefehlt, das muss sich verbessern“, sagte Boateng, „sonst kommen wir nicht weit.“ Dabei ist doch der Titel das Ziel.