Pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft werden wieder sämtliche Lebensmittelverpackungen in Deutschlandfarben gehüllt. Wir haben nachgefragt, was es mit dem Nationalisierungs-Wahn auf sich hat.

Stuttgart - Wer dieser Tage durch den Supermarkt geht, wird daran erinnert, dass er Deutscher ist. Sämtliche Produkte tragen die Farben Schwarz, Rot und Gold. Der Grund für diese Farbkombination im Kühlregal ist die anstehende Fußball-Europameisterschaft in Frankreich. Und da die Industrie weiß, dass Deutschland mit Beginn der EM aus gefühlt 80 Millionen selbst ernannten Bundestrainern besteht, rüstet sie kräftig auf.

 

Für den hungrigen Fan gibt es zahlreiche Aktionsprodukte in Deutschlandfarben und mit entsprechendem Slogan: „Fan-Edition“, „Fan Force One“ oder „Halbzeitpause“ prangt es marktschreierisch von vielen Verpackungen und vom „offiziellen Waschmittel der deutschen Mannschaft“ bis zum „EM-Kartoffelsalat“ sind die Hersteller gut aufgestellt.

Passende Putzmittel und Hygieneeinlagen für Frauen

Doch kaufen wir ein Produkt lieber, wenn es die Nationalfarben trägt? Christiane Manthey von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kennt den Trend: „Wir haben einen gesättigten, globalisierten Lebensmittelmarkt. Da muss man sich von Mitbewerbern absetzen.“ Neu sei der Wunsch zur Sonderverpackung allerdings nicht, betont sie: „Das gibt es bei jeder Veranstaltung. Zur WM der Frauen gab es dann Putzmittel und Hygieneeinlagen.“ Und um das Klischee konsequent zu bedienen gibt es für die Europameisterschaft der Männer nun Bier im EM-Design.

Den „offiziellen EM-Naturjoghurt“ sucht man vergeblich

Auffällig ist generell, dass die meisten Produkte von sportlichem Treiben weit entfernt sind. Die größten Unterstützer der deutschen Nationalmannschaft sind Schokoriegel, zuckrige Limonaden und fettige Knabbereien. Den „André-Schürrle-Bulgursalat“ sucht man genauso vergeblich wie den „offiziellen EM-Naturjoghurt“.

Stattdessen gibt es die Haribo-Großpackung „Phantasia Halbzeitpause“, bei der man hofft, dass niemand auf die Idee kommt, die stolze Kilopackung in nur einer Halbzeit zu essen. Denn damit hätten zwei Erwachsene innerhalb von nur 45 Minuten ihren Tagesbedarf an Kalorien gedeckt. Ein Sprecher des Unternehmens Haribo erklärt auf Nachfrage, die Aktionsprodukte gebe es, weil sie besser zur EM passen, als normale Gummibärchen: „Der Konsument möchte für jeden Moment das passende Produkt zur Hand haben oder es seinen Gästen anbieten können.“

Die Lust kommt meist im Supermarkt

Und damit die Wahl für den Partysnack auf Haribo fällt, wolle man mit den Aktionspackungen Flagge zeigen, erklärt der Unternehmenssprecher weiter: „Konsumenten haben kein klares Produkt vor Augen, erst die Inspiration im Supermarkt löst den Impuls für ein entsprechendes Produkt aus.“

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Aber steigt mit der Fanpackung auch der Preis der Produkte? Das ist nicht ganz eindeutig. Christiane Manthey rät Konsumenten aber in jedem Fall zum Preisvergleich: „Der Verbraucher sollte kritisch sein und einen Preisvergleich anstellen, bevor er sich zum Kauf animieren lässt.“ Die gute Nachricht ist: Wenn die EM im Juli vorbei ist, werden die noch übrigen Aktionsprodukte vermutlich billiger angeboten.

Doch wer meint, dass es damit vorbei ist, hat weit gefehlt. Denn ab August winken aus den Supermarktregalen ja schon wieder die ersten Weihnachtsmänner.

Achtung, die Fotostrecke kann Spuren von Ironie enthalten. Die Auswahl der fotografierten Produkte ist zufällig und in keiner Weise werblich zu verstehen.

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