Der Stürmer will mit Wolfsburg in die Königsklasse – sonst könnten sich die Wege wieder trennen. Denn Mario Gomez spielt mit den Niedersachsen nicht internationale, was seine Chancen auf ein WM-Ticket für 2018 schmälert.

Wolfsburg - Ein richtig schönes Jahr soll das werden. „Mein Hunger auf Erfolg ist vielleicht so groß wie noch nie“, sagt Mario Gomez und lächelt. Das große Tamtam, mit dem der Nationalstürmer an seinem ersten Arbeitstag beim VfL Wolfsburg begrüßt wird, ist natürlich mit der Frage verbunden: Wie lange will er denn wohl bleiben? Wie weit soll die gemeinsame Reise denn gehen? Ein Dreijahresvertrag mit den Niedersachsen hat die Rückkehr von Gomez in die Fußball-Bundesliga besiegelt. Wie lange die Ehe auf Zeit wirklich hält, bleibt allerdings offen. „Wenn es nicht für Europa reicht, dann setzen wir uns zusammen“, verrät der 31-Jährige und wirkt dabei erstaunlich zielstrebig. Gomez möchte zurück in die Champions League. Vor ihm und dem VfL Wolfsburg liegt deshalb eine Menge Arbeit.

 

Die Ablöse für Gomez beträgt sieben Millionen Euro

Gemessen an seinem gewinnenden Lächeln und seinem selbstbewussten, souveränen Auftreten kann das eigentlich nur klappen. Der VfL Wolfsburg, in der vergangenen Saison ein abgestürzter Vizemeister, sucht seit längerer Zeit nach einem klassischen Stürmer. „Beiden Seiten haben gefunden, was sie gesucht haben. Wir sind überglücklich, dass wir ihn überzeugen konnten“, sagt Klaus Allofs. Der Wolfsburger Geschäftsführer hat schwierige Tage hinter sich, weil ihm in Naldo (Schalke 04), André Schürrle (Borussia Dortmund) und Max Kruse (Werder Bremen) drei prominente Profis aus unterschiedlichsten Gründen abhanden gekommen sind. Mit Mario Gomez sieht der Fußball-Himmel über Wolfsburg von einem Tag auf den anderen wieder deutlich blauer aus. Sieben Millionen Euro Ablöse für den 31 Jahre alten Nationalstürmer – das klingt nach einem guten Geschäft. Denn neben der Aussicht auf Tore hat sich der VfL mit dem Transfer eine Menge Aufmerksamkeit gesichert – auch wenn Gomez noch Trainingsrückstand hat und zum Saisonauftakt fehlen wird.

Warum zurück in die Bundesliga? Warum zu Wolfsburg? Es gibt Spieler im bezahlten Fußball, die sich schon durch solch simple Fragen irritieren lassen. Mario Gomez ist auf das, was ihm an Skepsis entgegenschlägt, bestens vorbereitet. Als weit gereister Profi und frisch vermählter Ehemann habe er keine Lust mehr auf ein weiteres Jahr in der Türkei gehabt – ohne die politischen Wirren als echten Grund zu nennen. Somit ist der Stürmer, der in der vergangenen Saison vom AC Florenz an Besiktas Istanbul ausgeliehen war und in der Türkei auf Anhieb Torschützenkönig wurde, nun doch wieder in der Bundesliga gelandet. Nach dem VfB Stuttgart und dem FC Bayern ist es seine dritte Station in Deutschland.

Ein Muskelfaserriss bedeutet das EM-Aus

Im Juni war er noch der große Hoffnungsträger der deutschen Nationalmannschaft – bis ein Muskelfaserriss im Viertelfinale gegen Italien sein persönliches Aus bei der Europameisterschaft in Frankreich besiegelte. Damit soll die Geschichte als nationaler und internationaler Held aber noch nicht zu Ende sein. „Ich möchte noch zwei Jahre in der Nationalmannschaft spielen“, sagt Gomez. Statt am Bosporus geht es ihm jetzt am Ufer des Mittellandkanals darum, den Spätherbst seiner so erstaunlichen wie wechselhaften Karriere zu genießen – und vor allem noch einmal Erfolge zu feiern.

Es gab diese Zeit in deutschen Fußballstadien, als Mario Gomez ausgepfiffen worden ist. In vier Jahren beim FC Bayern München, der ihn im Jahr 2009 für 35 Millionen Euro vom VfB verpflichtet hatte, war er mal obenauf und mal unten durch. In Wolfsburg hat sich jetzt ein gestandener Mann vorgestellt, der äußerst gefestigt und zielstrebig wirkt. Der VfL benötigt dringend wieder einen Vorzeigespieler, der mutig vorangeht, alle Blicke auf sich zieht und dessen Leistung unter solch enormem Druck nicht leidet. Seine Verpflichtung ist zugleich das Signal an die Konkurrenz, dass Wolfsburg eine gute Adresse in der Bundesliga bleibt und dass der Club seine besten Spieler nicht ständig von einem längeren Verbleib überzeugen muss. Nach Schürrle und Kruse hatte in Julian Draxler zuletzt ein dritter Nationalspieler öffentlich erklärt, den Verein möglichst schnell verlassen zu wollen.

Auf dieses Fernweh könnte eine Antwort gefunden worden sein. „Ich muss jetzt dafür sorgen, dass einer der besten deutschen Spieler bei Laune gehalten wird. Ich habe ihm schon eine SMS geschrieben. Auch dafür bin ich da“, sagt Gomez, grinst dabei und meint Draxler. Um dieses Duo herum möchte Dieter Hecking eine Mannschaft aufbauen, die es zurück in die Champions League schafft. „Wir werden angreifen. Mario ist das nächste Mosaiksteinchen auf dem Weg dahin“, sagt der VfL-Trainer.

Als Hecking spricht, werden auch ein paar Kameras und Objekte auf ihn gerichtet. Als Gomez sich zu Wort meldet, will das Surren und Klicken kein Ende mehr nehmen. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich ein ganz besonderer Stürmer auf besondere Weise zurückgemeldet hat.