Zwischen 1991 und 2011 haben die Würzburger Kickers nie höher als in der Fußball-Landesliga gespielt. Jetzt klopft der Traiditonsclub ans Tor zur zweiten Liga. An diesem Dienstag (19.10 Uhr/ARD) treten die Unterfranken mit einem 2:0-Sieg aus dem Hinspiel im Rücken beim MSV Duisburg an.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Duisburg - Den größten Makel an seinem Team, den hat Bernd Hollerbach ja längst ausgemacht: „Es werden bei uns immer weniger Biertrinker. Viele nehmen sich tatsächlich einen Bananensaft“, grinst der Trainer der Würzburger Kickers, der trotz der steigenden Zahl an Anti-Alkoholikern in seinem Heimatclub an der traditionellen „Bierrunde“ festhält. Also haben sich die Spieler der Rothosen mit ihrem Coach, dem Sportdirektor Norbert Mahler, den Betreuern, den Ärzten und dem Presseteam auch am Montagabend um 21.30 Uhr an der Hotelbar versammelt. Ein Bier für jeden ist erlaubt. „Danach geht es ins Bett“, erklärt Hollerbach das immer gleiche Ritual.

 

Ausgeschlafen sollten sie ja schon sein, die Akteure des FC Würzburger Kickers – schließlich steht für die Unterfranken an diesem Dienstag (19.10 Uhr/ARD) das wichtigste Spiel der jüngeren Clubgeschichte an, wenn man im Rückspiel der Aufstiegsrelegation zur zweiten Liga beim MSV Duisburg antritt. Ein 2:0 aus dem Hinspiel bringen Hollerbach und Co. in den Kohlenpott mit. Kein Wunder also, dass viele in Würzburg bereits von der Rückkehr in die zweite Liga träumen. Aus der ist man nach der Saison 1977/78 (damals gab es noch die zweigleisigen Liga Süd) abgestiegen. Es folgte ein tiefer Absturz bis in die Niederungen des Amateurfußballs. In der Spielzeit 2003/04 kickten die Kickers gar in der Bezirksliga.

Bernd Hollerbach ist der Vater des Erfolges

„Wir haben bisher noch nichts erreicht. Aber ich bin keiner, der ans Scheitern, sondern der immer an die Chance glaubt“, sagt der Trainer Hollerbach nun: „Was wir bisher geleistet haben, das hat uns zuvor auch keiner zugetraut.“ Tatsächlich ist der gebürtige Würzburger und ehemalige HSV-Profi, der im Sommer 2014 am Main-Ufer begann und auch in Sachen Scouting und in allen Transferfragen das alleinige Sagen hat, so etwas wie der Vater des Würzburger Fußballwunders. Gelänge der Aufstieg in Liga zwei, wäre für die Kickers der Durchmarsch von der Regionalliga in die zweite Liga perfekt – es wäre der zweite Durchmarsch seit Gründung der dritten Liga nach dem von RB Leipzig. Als Hollerbach anfing, spielten die Würzburger noch vor 850 Fans in ihrer baufälligen, 10 000 Besucher fassenden Arena am Dallenberg. Was folgte, war eine sportliche Wiedergeburt: Seit dem 21. Spieltag, einem 1:2 beim Tabellenführer Dynamo Dresden, haben die Kickers kein Pflichtspiel verloren. Lediglich in drei von 38 Pflichtspielen hat man dabei mehr als ein Gegentor kassiert – niemals waren es mehr als zwei.

Die 31 neuen Spieler kamen alle ablösefrei

Der MSV Duisburg, der sich seinerseits mit einem beachtlichen Finish auf den drittletzten Platz der zweiten Liga und damit in die Relegation hangelte, ist also gewarnt. Immerhin gilt es, gegen die starke Defensive der Würzburger drei Tore zu erzielen – und dabei keines zu bekommen. „Duisburg ist ein richtig guter Fußballclub. Im Stadion wird die Hölle los sein – darauf müssen wir uns einstellen“, sagt Bernd Hollerbach, der die 31 neuen Spieler in seiner Ära allesamt ablösefrei ins Fränkische lotste.

Unter den Transfers ist auch Elia Soriano zu finden. Das ist ein robuster Angreifer mit einem kernigen Schuss, der im Winter nach Differenzen mit Michael Zeyer, dem Sportdirektor der Stuttgarter Kickers, Degerlochs Höhen den Rücken kehrte. Die Würzburger nahmen den Stoßstürmer mit Kusshand. „Wir machen uns auch gegen Duisburg keine großen Gedanken – sondern wollen gewinnen“, sagt der gebürtige Darmstädter Soriano, der in 13 Spielen für den neuen Club acht Tore beisteuerte – und damit treffsicherster Spieler im Kader ist.

Ein gutes Näschen auf dem Transfermarkt ist auch nötig, verfügen die Würzburger mit 3,5 Millionen Euro selbst für Drittliga-Verhältnisse über einen eher kleinen Etat. Neben den Zuwendungen des Mäzens Thorsten Fischer, der eine erfolgreiche Online-Druckerei betreibt, glänzt man in Unterfranken daher auch in Finanzdingen durch findige Ideen: So hat es sich der Verein zum Ziel gesetzt, in einem Jahr 125 000 Bocksbeutel Wein (dies entspricht der Einwohnerzahl Würzburgs) zum Preis von 19,07 Euro (dem Gründungsjahr des Clubs) an die Fans zu verkaufen. Gelingt der Aufstieg, wäre es damit aber nicht getan. Denn ein Stadionumbau wäre dann unumgänglich – und der würde 15 Millionen Euro kosten.