Bei ihrem Treffen in Australien vereinbaren die führenden Industrie- und Schwellenländer ein Investitionsprogramm zur Ankurbelung der Weltwirtschaft – und vermeiden eine Konfrontation wegen des dürftigen Wachstums in Japan und Europa.

Cairns - D

 

ie 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) haben sich darauf verständigt, mit 1000 Einzelmaßnahmen das Wachstum bis 2018 um zwei Prozentpunkte zu erhöhen. Die G-20-Finanzminister und Notenbankchefs berieten auf ihrem Treffen im australischen Cairns darüber, was angesichts der schlechteren Prognosen für die Weltkonjunktur zur Belebung der Wirtschaft getan werden kann.

Die australische G-20-Präsidentschaft verlangt von jedem Land, dass es Maßnahmen zur Ankurbelung des Wachstums vorlegt. Insgesamt präsentierten die G-20-Länder knapp 1000 Projekte, die von den Regierungen aber meist schon seit Langem geplant sind. Die Vorschläge der Bundesregierung reichen von höheren Bildungsausgaben, einer stärkeren Erwerbsbeteiligung der Frauen bis zur Ausweitung der Verkehrsinvestitionen. Diese Aufgaben stehen schon im Koalitionsvertrag.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) kommt zum Schluss, dass mit den vorliegenden Projekten das Wachstum um 1,8 Prozentpunkte steigen könne. Der zusätzliche Beitrag bezieht sich auf die Lanfristprognose von 2013. Bis zum Treffen der G-20-Regierungschefs im November in Brisbane soll die Liste vollständig sein.

Die Festlegung der Ziele ist in der G 20 nicht unumstritten. Der Bundesbank-Chef Jens Weidmann sagte, die Umsetzung von Reformen sei eine Daueraufgabe. Beim Treffen in Cairns stand die Lage der Weltwirtschaft im Mittelpunkt. Die G-20-Länder erwarten, dass die Konjunkturrisiken wegen der Krisenherde größer geworden sind. Weidmann sprach von einem gedämpften Ausblick. Allerdings rechnen die Industrie- und Schwellenländer nicht mit einem kräftigen Einbruch. Die USA, die wieder auf robuste Wachstumsraten verweisen können, gelten als Stütze.

Kritik an Europa und Japan bleibt aus

Harsche Kritik an Europa und Japan, die nur ein geringes Wachstum aufweisen, blieb nach Angaben von Finanzminister Wolfgang Schäuble aus. „Wir sind nicht in den Fokus der Kritik geraten“, sagte er. Die Amerikaner sind aber nach wie vor überzeugt, dass Länder mit einem nahezu ausgeglichenen Budget sowie Überschüssen in der Handelsbilanz den privaten Konsum ankurbeln sollten. Diese Forderungen richten sich an Deutschland. Die Meinungsverschiedenheiten werden aber nur noch selten öffentlich ausgetragen.

Finanzminister Schäuble verteidigte seinen Kurs. „Es bleibt bei der bekannten Linie“, sagte Schäuble. Nur mit einer verlässlichen Finanzpolitik, Strukturreformen und der Stärkung der Investitionen lasse sich dauerhaft Wachstum erreichen. Teilnehmer berichteten, Deutschland oll im Kreis der Europäer nicht isoliert gewesen sein. Auch der spanische Finanzminister Luis de Guindos, der im nächsten Jahr Vorsitzender der Eurogruppe wird, unterstützte Schäuble.

Spanien und Irland, die Hilfe des Rettungsfonds erhalten haben, sehen Forderungen nach einem Aufweichen des Stabilitätskurses in der Eurozone kritisch. Entsprechend hatten sich Italien und Frankreich geäußert. Bundesbank-Chef Weidmann zeigte sich besorgt über die Reformmüdigkeit in einigen Euroländern. Dies erschwere eine Erholung.

Im Abschlusskommuniqué wird eine Erhöhung der Investitionen in Aussicht gestellt. Dass die G 20 ihr Augenmerk stärker hierauf lenkt, dient auch dazu, den Streit zwischen den verschiedenen Lagern zu entschärfen. „Investitionen sind entscheidend, um die Nachfrage und das Wachstum zu erhöhen“, steht in der Schlusserklärung. Dass der Fokus auf den Investitionen liege, sei möglicherweise eine momentane Erscheinung, hieß es in Teilnehmerkreisen. Die Absichtserklärung bleibt aber insgesamt vage.

Als Erfolg bewertete Schäuble die geplanten Maßnahmen gegen aggressiven Steuerwettbewerb. Dabei geht es darum, dass internationale Konzerne sich nicht länger vor ihren steuerlichen Pflichten drücken. Die Möglichkeit, Gewinne zu verlagern, soll begrenzt werden. Noch sind sich die G-20-Staaten aber nicht in allen Punkten einig. Schäuble zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Frage, wie die Einnahmen aus Forschungstätigkeit steuerlich behandelt werden, bis Ende Oktober gelöst werde. Darüber wolle er mit der britischen Regierung verhandeln. Mit sogenannten Patentboxen bieten Unternehmen Ländern wie Großbritannien oder die Niederlande niedrigere Steuersätze für Patenteinnahmen an. Dies soll künftig nur möglich sein, wenn die Unternehmen in dem jeweiligen Land auch Forschungseinrichtungen besitzen. Fortschritte gibt es auch beim automatischen Informationsaustausch privater Bankdaten. Die G-20-Länder beschlossen, dass der Datenaustausch zwischen den Steuerbehörden von 2017 an beginnen soll. Damit soll zukünftig die Steuerflucht von Privatleuten verhindert werden.

Eine Absage erteilte Schäuble Spekulationen, wonach der europäische Rettungsfonds ESM dafür verwendet werden könnte, Investitionen im Euroraum zu finanzieren. Solche Gedankenspiele kursieren angeblich in der EU-Kommission. „Der Rettungsfonds ESM ist dazu da, dass er nicht gebraucht wird und Vertrauen schafft“, sagte Schäuble. Nur im Notfall könne es Hilfe geben.