Ursula von der Leyen hat sich von der Standardwaffe der Bundeswehr, dem Sturmgewehr G36 distanziert. Die Verteidigungsministerin hält die Waffe wegen massiver Probleme bei der Treffsicherheit für unbrauchbar.

Berlin - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will die 167 000 Sturmgewehre G36 der Bundeswehr wegen erheblicher Probleme bei der Treffsicherheit ausmustern. Die Konsequenz aus einem eindeutigen Expertengutachten zu der Waffe sei, „dass das G36, so wie es heute konstruiert ist, keine Zukunft in der Bundeswehr hat“, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch nach einer Sitzung des Bundestags-Verteidigungsausschusses. Sie schloss damit aber nicht aus, dass der Ersatz auch ein verbessertes G36 sein kann.

 

Einen Untersuchungsausschuss zu der G36-Affäre wird es vorerst nicht geben. Zunächst soll die Aufklärung im Verteidigungsausschuss fortgesetzt werden, hieß es nach der Sitzung in Berlin. Linke und Grüne wollen auch den früheren Verteidigungsminister und heutigen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) befragen.

In der vergangenen Woche hatten Experten eine Studie vorgelegt, nach der die Trefferquote des G36 bei extremer Erhitzung von den erforderlichen 90 auf nur noch 7 Prozent sinkt. Ähnlich schlechte Ergebnisse gab es unter Dauerfeuer. In den Vergleichstest schnitt aber auch nur ein Gewehr im grünen Bereich ab. Dabei soll es sich nach Angaben aus dem Verteidigungsausschuss um eine Spezialanfertigung des G36-Herstellers Heckler & Koch handeln.

Erste Hinweise auf Probleme gab es bereits 2010

Das erklärt, warum von der Leyen sich auch eine neue G36-Version als Ersatz vorstellen kann. Wie lange die Ausmusterung dauern wird, ist offen. Von der Leyen drückt auf Tempo. Bei den Spezialkräften und in den Einsatzgebieten müsse der Austausch der Gewehre „mit Hochdruck“ erfolgen, sagte sie. „Ein gesamtes Ersetzen des Gewehres wird sicherlich nicht binnen Jahresfrist gehen, sondern wird eine längere Zeit dauern“, räumte sie ein. Das Bundesamt für die Ausrüstung der Bundeswehr schätzt, dass das bis zu zehn Jahre dauern kann.

Erste Hinweise auf die Präzisionsprobleme gab es schon 2010. Bereits im März 2012 wurden sie von der Rüstungsabteilung des Ministeriums als „erheblicher Mangel“ von „erheblicher Einsatzrelevanz“ eingestuft. Auch der damalige Minister de Maizière wusste davon.

Das neue Gutachten von der Leyen (CDU) im Juni 2014 in Auftrag - ein halbes Jahr nach ihrem Amtsantritt. Auch ihr wird von der Opposition aber nun Zögerlichkeit vorgeworfen. „Man muss mittlerweile von systematischer Vertuschung sprechen“, sagte die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger. Der Linken-Politiker Jan van Aken drückte sich vorsichtiger aus: „Wir wissen, dass vieles heruntergespielt wurde.“

De Maizière ließ am Mittwoch erklären, dass er „aktuell“ nicht plane, sich zu der Affäre zu äußern. Er könnte in den Verteidigungsausschuss eingeladen werden, wäre aber nicht verpflichtet zu kommen. In einem Untersuchungsausschuss wäre das anders.