An der Gablenberger Hauptstraße entsteht ein Wohnprojekt für psychisch kranke Menschen. Der Verlust der Ladenfläche im Erdgeschoss gefällt nicht jedem.

Gablenberg – Seit einigen Wochen ist das Eckgebäude Gablenberger Hauptstraße/Schlößlestraße eingerüstet, Bauarbeiter sanieren das Haus von unten bis oben. Die Arbeiten haben bei manchen Kunden der Geschäfte in der Gablenberger Hauptstraße und auch beim Handels- und Gewerbeverein die Hoffnung geweckt, dass dort im Erdgeschoss bald auch ein neues Geschäft einzieht. Das wird aber nicht geschehen. Das Haus wurde vom Caritasverband gemietet, dort entsteht ein Projekt für ambulant betreutes Wohnen für psychisch kranke Menschen. Die Caritas und das Klinikum Stuttgart als Träger freuen sich über das neue Projekt, der Handels- und Gewerbeverein Gablenberg bedauert dagegen den Verlust der Ladenfläche.

 

In Stuttgart gibt es insgesamt acht Gemeindepsychiatrische Zentren (GPZ), die unter anderem Menschen mit psychischen Erkrankungen betreuen und begleiten. Eines dieser Zentren ist im Stuttgarter Osten, in der Landhausstraße 178A. Zum Angebot dieser Zentren gehört auch betreutes Wohnen, allerdings „sind wir eigentlich ständig auf der Suche nach Wohnraum“, sagte Volker Lessig vom Sozialpsychiatrischen Wohnverbund des Klinikums Stuttgart bei der Vorstellung des Projekts im Bezirksbeirat. In Gablenberg arbeiten Caritas und Klinikum zusammen, ein kleines gemischtes Mitarbeiterteam soll die künftigen Bewohner je nach Bedarf betreuen.

Leben im gewohnten Umfeld

In dem schon bisher überwiegend als Wohnhaus genutzten Gebäude entstehen in den Obergeschossen insgesamt acht Ein- bis Drei-Zimmer-Wohnungen, die von bis zu 17 Menschen bewohnt werden. Die künftigen Bewohner leiden an ganz unterschiedlichen psychischen Erkrankungen, können aber ihren Alltag weitgehend selbstständig bewältigen und sind auch berufstätig. Ziel solcher Wohnprojekte ist, dass diese Menschen in ihrem gewohnten Umfeld im Stadtbezirk stabil und sicher leben und auch die Angebote von Vereinen, Kirchen und Kultureinrichtungen nutzen.

Das Betreuungsteam ist nicht rund um die Uhr dort, sondern nur je nach Bedarf anwesend, mindestens aber einmal täglich. In der Projektbeschreibung heißt es: „Durch die Möglichkeit, die Betreuung auch intensiv – falls im Einzelfall erforderlich – anzubieten, können Krisen vorzeitig erkannt und abgefangen werden.“ Außerdem verstehen sich die Mitarbeiter „auch als Ansprechpartner für die unmittelbare Nachbarschaft, falls Konflikte entstehen sollten, welche der Vermittlung benötigen“. Durch solche Wohnprojekte sollen spezielle Wohnheime überflüssig gemacht werden.

Büro und Gruppenraum statt Ladenfläche

Während das Wohnungsangebot im Bezirksbeirat auf Zustimmung stieß, rief die Umnutzung der bisherigen Geschäftsräume im Erdgeschoss Kritik hervor. Dort sollen ein Büro für das Betreuungspersonal und ein Gruppenraum für die Hausbewohner eingerichtet werden. Mehr als 100 Jahre lang hatte dort die Firma Marstaller unter anderem Spielwaren angeboten, 2009 war das Traditionsgeschäft geschlossen worden. Seitdem hatte es wechselnde Pächter gegeben, zuletzt hatte das Geschäft leer gestanden. Vertreter des Handels- und Gewerbevereins Gablenberg (HGV) äußerten sich irritiert über die Zweckentfremdung des Ladens. Der HGV-Vorsitzende Peter Metzer sagte: „Hier wird Ladenfläche vernichtet.“ Gleichzeitig bot sich der HGV aber auch als Ansprechpartner für die künftigen Bewohner an.