Bei dem Gänsebauer Rolf Wais aus Stuttgart-Degerloch herrscht vor Weihnachten großer Andrang. Die Leute stehen an Weihnachten auf Gans mit Rotkohl und Knödeln.

Stuttgart - Nanu, schneit es etwa da vorne? So manchem Autofahrer, der morgens oder abends in der Dämmerung auf der Epplestraße zwischen Degerloch und Möhringen unterwegs ist, fällt das weiße Gewusel am Straßenrand auf. Schneeflocken? Aber mit langem Hals? Erst ganz nahe entpuppt sich das weiße Knäuel auf der Koppel als munter schnatterndes Federvieh. Das muss schon seit dem Martinstag kräftig Federn lassen. Und es gilt als ziemlich sicher, dass jede Gans spätestens an Weihnachten erst in den Backofen und dann auf den Tisch kommen wird. Für eine attraktiv-knusprige Haut empfiehlt der Gänsebauer Rolf Wais eine Lotion aus „Honig und Cognac“.

 

„Bis Weihnachten haben wir Hochsaison, Stress total“, sagt der Landwirt. Angefangen hat der Familienbetrieb vor rund 25 Jahren am Rand des Degerlocher Industriegebiets Tränke mit 50 Tieren. Inzwischen wachsen auf einer großen Weide an der Epplestraße jährlich bis zu 1000 freilaufende Gänse auf.

Der Stall als Schutz vor den Füchsen

„Wir verkaufen ein frisches regionales Produkt, das unter natürlichen Bedingungen aufgezogen wird“, betont Wais. Von den bei Discountern und Supermärkten angebotenen Tiefkühlgänsen will er sich ganz bewusst abheben. „Wir schlachten die vorbestellten Tiere erst einen Tag vor dem Verkauf.“ Auch bei der Aufzucht hält sich der Familienbetrieb an ein ganzheitliches Konzept: Das Futter für die große Gänseschar – Wintergerste, Hafer, Mais und viel Grünes – stammt vom eigenen, 80 Hektar großen Bauernhof.

Abends kommt die schnatternde Schar in einen großen Stall, damit eine bestellte Gans zu Weihnachten auch ganz sicher auf den Tisch kommt – und ihr Meister Reineke vorher nicht an den Hals gehen kann „Es gibt hier viele Füchse“, sagt Wais. „Die schleichen nachts bestimmt mit sabbernden Maul um unsere Halle, kommen aber nicht rein.“ Statt dessen strömen immer mehr Kunden in den Hofladen in Degerloch, um sich ihren Festtagsbraten abzuholen. „Unmittelbar vor Weihnachten herrscht ein Andrang wie beim Volksfest“, erzählt der Landwirt. Bereits im November gingen jede Woche rund 40 bratfertige Gänse über die Ladentheke. Gut 90 Prozent der Käufer seien Stammkunden, die sich zum Fest etwas besonders Gutes gönnten. Darunter gebe es auch junge Familien, die zu Weihnachten ganz auf Gans mit Rotkohl und Knödeln stünden. „Die haben diese schöne Tradition vom Elternhaus übernommen“, weiß Wais.

Der steht von Januar bis zum Sommer wieder alleine da. Erst im Juli kommen wieder aus Norddeutschland importierte Gänseküken im zarten Alter von drei Wochen in seinen Stall. Sobald das Federkleid vollständig ausgebildet ist, dürfen die Gänse im Freien herumlaufen und feste vespern, damit jedes Tier Monate später vier bis fünf Kilogramm auf die Waage bringt. „Die Tiere dürfen jeden Tag so viel fressen, wie sie möchten“, betont Rolf Wais. „Mit Diät-Gänsen kann ich ja nichts anfangen.“