Jugendliche erarbeiten sich gemeinsam mit Künstlern die Geschichte des KZ-Außenlagers Tailfingen. Am Freitag werden die Werke der Öffentlichkeit gezeigt.

Gäufelden - Es ist ein Experiment“, sagt Harald Roth vom Verein „Gegen Vergessen- für Demokratie“. „Wir haben nach einem Weg gesucht, mit dem wir das Thema Nazizeit und KZ Jugendlichen emotional nahe bringen können.“ So entstand die Idee eines Kreativ-Wettbewerbs. Seit vergangenen Freitag arbeiten 35 junge Leute aus Herrenberg und Rottenburg unter der Anleitung von Künstlern aus der Region an Werken zum KZ. Die Ausschreibung ging an alle weiterführende Schulen der Klassen neun bis elf in den Landkreisen Böblingen und Tübingen.

 

Im Kreativ-Workshop wurden die Schüler in fünf Gruppen aufgeteilt, in denen sie mit unterschiedlichen Materialien und Techniken arbeiten. Am Anfang stand für alle Jugendlichen die Erkundung der KZ-Gedenkstätte im Tailfinger Rathaus sowie des Denkmals auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers. Dort sammelten die Schüler Zitate, machten Fotos und fertigten Skizzen an. Diese verarbeiten sie nun weiter zu Kunstwerken.

Praktische Arbeit im Atelier

Seit vier Jahren gibt es eine Erinnerungsstätte in Tailfingen, die die Geschichte des KZ-Außenlagers Hailfingen-Tailfingen aufarbeitet und lebendig hält. Immer wieder besuchen Klassen die Ausstellung sowie das Denkmal auf dem ehemaligen Flughafen, wo die KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten. „Doch bisher war die Beschäftigung mit der Geschichte eher theoretisch. Die Schüler studierten und analysierten Quellen“, sagt Roth.

Die Arbeit mit den Künstlern ist dagegen viel praktischer. Im Atelier des Nebringer Bildhauers Lutz Ackermann gestalten Jugendliche ein riesiges Transparent. Dieses soll zwischen Säulen gehängt werden, die einzigen Reste der Flugzeugreparaturhalle, in der die KZ-Häftlinge schuften mussten. Schülerinnen des Herrenberger Andreae- und des Schickhardt-Gymnasiums stellen das Leid der Zwangsarbeiter typografisch dar. Zitate von Häftlingen dienen ihnen als Vorlage.

Rottenburger Schüler wiederum formen Skulpturen a là Giacometti, und im Atelier der Bondorfer Künstlerin Marianne Hertkorn gestalten die Jugendlichen mit Farbe und andere Materialien großflächige Bilder. Fotografisch nähert sich eine bunt gemischte Gruppe – Schülerinnen dreier verschiedener Schulen aus Rottenburg und Herrenberg – dem Thema an. Was daraus entstehen soll, stand gestern noch nicht fest. „Vielleicht eine Collage“, sagt eine Teilnehmerin.

2000 Euro Preisgeld

Bis Donnerstag haben die Jugendlichen Zeit, ihr Werk fertigzustellen. Dann begutachtet eine Jury die Arbeiten. In dieser sitzen neben den beteiligten Künstlern auch Vertreter von Sponsoren sowie des Trägervereins. Sie stellen 2000 Euro Preisgeld zur Verfügung. Wie das Geld verwendet wird, stehe noch nicht fest, sagt Harald Roth. „Sollte eine ganze Gruppe ausgezeichnet werden, ist beispielsweise eine gemeinsame Reise zu einer anderen Gedenkstätte denkbar.“ Am Freitag werden die Preise in einer Feierstunde vergeben und die Werke der Öffentlichkeit gezeigt.

Je weiter die Zeit voranschreitet, desto schwieriger wird es, die Erinnerung an die Schrecken der Nazizeit und des Zweiten Weltkriegs lebendig zu halten. Die letzten Zeitzeugen sind mittlerweile im fortgeschrittenem Alter. In ein paar Jahren wird es niemanden mehr geben, der berichten kann, wie es damals zuging in den Konzentrationslagern. Deshalb braucht es neue Formen der Erinnerung.

Der Kunstworkshop soll nur der Auftakt zu weiteren Projekten dieser Art sein. Roth kann sich auch Theater-Projekte oder Literaturseminare für junge Leute vorstellen.

Werkschau
Die Arbeiten der Jugendlichen werden am kommenden Freitag bei den Überreste der früheren Flugzeughalle gezeigt. Dorthin gelangt man, wenn man auf der Kreisstraße zwischen Hailfingen und Tailfingen kurz vor Tailfingen nach rechts abbiegt und über die Autobahnbrücke fährt. Direkt hinter der Brücke geht es nach rechts, von dort aus ist der Weg ausgeschildert. Die Preisverleihung beginnt um 15 Uhr.