Kunstausstellungen sind langweilig? Mit „Aktion & Malerei“ beweist die Galerie Sindelfingen das Gegenteil. Hier dürfen die Besucher Kunst aktiv erleben und sogar mitgestalten.

Sindelfingen - Die Hände der Künstlerin Carolina Pérez-Pallares sind voller Farbkleckse. Auch die Kleidung zeugt davon, dass sie mit ganzem Körpereinsatz arbeitet. Ihre Baustellen sind noch sieben Leinwände, jeweils drei mal zwei Meter groß, an den Wänden des Oktogons im Dach der Galerie Sindelfingen. „Dargestellt wird ein Moment der Malerei, entstanden aus einer Überlappung von Gips und Farbpigmenten“, erklärt die Ecuadorianerin.

 

Bis die Gruppenausstellung „Aktion & Malerei“ am Sonntag, den 3. Dezember, eröffnet wird, sei aber alles fertig und vom künstlerischen Chaos nichts mehr zu sehen, versichert sie. Ihre Werke passt Pérez-Pallares an den jeweiligen Ausstellungsort an, daher ist sie bereits seit vergangenem Dienstag Tag und Nacht in der Galerie.

Dass einige Künstler ihre Ausstellungsstücke nicht mitbringen, sondern erst in der Galerie entwickeln und entstehen lassen, sei Teil des Konzepts, erklärt Madeleine Frey, die Leiterin der Galerie Sindelfingen. „Es geht um die Aktion des Malens an sich und um die Entstehung von Kunst. In der Regel verbindet man Kunst mit Malerei, mit Gemälden. Daher wollten wir hier eine neue Verbindung schaffen.“

In der Galerie Sindelfingen gibt es Kunst zum Anfassen und Mitmachen

Dass Malerei aber nicht ausschließlich etwas mit abstrakten und verstaubten Gemälden zu tun haben muss, zeigen die insgesamt elf Künstler, zwischen 30 und 79 Jahren, die bei der Ausstellung mitwirken. Die gesamten Räumlichkeiten der Galerie werden dabei in Beschlag genommen. Leni Hoffmann nahm dies wörtlich und setzte ihre Arbeit aus lila Knetmasse und Zinnguss direkt an die Wand und auf den Boden neben der Toilette im Foyer. „Der Besucher hat keine andere Wahl, als durch das Kunstwerk hindurch zu gehen und es so zu erleben“, erklärt Frey. Die Arbeiten von Hoffmann seien zudem besonders, weil sie in-situ arbeitet. Das bedeutet, die Künstlerin malt, formt oder installiert immer erst vor Ort, und nach Ende der Ausstellung baut sie alles wieder ab. Dann ist nichts mehr davon zu sehen.

Auch Vincent Wikström verleiht der Ausstellung einen ausgefallenen Anstrich. Statt nur zu schauen, müssen die Besucher richtig sportlich werden, um sein interaktives Werk erleben zu können. Im Schaufenster Junge Kunst installierte er eine Boxbirne samt Soundsystem und zu erfüllenden Aufgaben. Explosiv wird es bei Sophie Innmann. Ihre Leinwand ist ein weißer Raum. Ihre Farben kommen aus Sprühdosen, die sie im Raum verteilt hat. Wenn sie die Sprühköpfe mit einer Steinplatte beschwert, gehen die Dosen los und die Farbe verändert den Raum in ein Kunstwerk.

Wie es am Ende aussehen wird, weiß am Anfang keiner

Künstler für eine so umfangreiche Ausstellung zu begeistern, sei wie ein Puzzle, erzählt Frey. „Wichtig ist es, Vertrauen aufzubauen. Sie produzieren keine Produkte, sondern zeigen mit ihren Werken ein Teil ihrer Selbst und ihrer Anschauung.“

Für die zehnte Ausstellung in der Galerie hatten Frey und ihr Team nur wenige Wochen Vorbereitungszeit und nur zwei Wochen für den Umbau. Wie es am Ende aussehen wird, wisse sie selbst auch noch nicht. „Es beginnt mit einer Idee, aber was letztendlich dabei herauskommt, ist immer offen, denn die Künstler machen, was sie wollen, und das sollen sie auch“, sagt Frey.