Seit Donnerstag ist die weltgrößte Computerspielmesse Gamescom in Köln für das breite Publikum geöffnet. Bis zu 275 000 Besucher werden erwartet.

Köln - 9 Uhr. Bahnhof Köln Messe/Deutz. Aus dem soeben eingefahrenen ICE strömt eine Gruppe bieder wirkender Männer in schwarzen Anzügen – den Aktenkoffer in der linken, das iPhone in der rechten Hand. Am Bahnsteig warten bereits mehrere Jugendliche mit tiefhängenden Hosen, Call-of-Duty-T-Shirts und zerzausten Haaren. An der Treppe zum Ausgang unterhalten sich eine Elfe und ein Zwerg, die gegenseitig ihre Kostüme bewundern. Sie sind Cosplayer und imitieren Figuren aus Computerspielen, Mangas und Animes.

 

So unterschiedlich die Menschen auch sein mögen, die an diesem Morgen an der Kölnmesse ankommen, sie haben alle ein Ziel: Die Gamescom 2013. Mit einem Presse- und Fachbesuchertag öffnete die weltweit größte Spielemesse bereits am Mittwoch ihre Tore, seit Donnerstag dürfen nun alle in die Welt der Computerspiele eintauchen. Bis zu 275 000 Besucher werden erwartet.

Xbox One und PlayStation 4 stehen im Mittelpunkt

Microsoft hat bereits im Vorfeld der diesjährigen Gamescom klargestellt, dass es bei der neuen Xbox One keinen Onlinezwang geben wird und der Kinect-Sensor die Wohnzimmer der Spieler nicht rund um die Uhr überwacht. Das macht das PR-Desaster der vergangenen Monate zwar nicht ungeschehen, aber zumindest wurden so einige der Kritikpunkte an Microsofts neuer Spielekonsole entschärft.

Notwendig ist das allemal, denn bei den Vorbestellungen liegt Sonys PlayStation 4 aktuell vor der Konkurrenz aus Redmond. Ursächlich hierfür sind nicht nur die 100 Euro Preisunterschied zwischen den beiden Spielekonsolen, sondern auch Microsofts fehlgeschlagener Versuch, der Gaming-Community neue Regeln aufzuerlegen. Ob die kostenlose Version von FIFA 14, die Microsoft allen Vorbestellern mit in die Verpackung legt, daran etwas zu verändern mag, bleibt abzuwarten.

Während den Next Gen-Konsolen von Microsoft und Sony fast die gesamte öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird, ist das Interesse an der dritten neuen Spielekonsole im Bunde – der Nintendo Wii U – deutlich geringer. Das liegt einerseits daran, dass die Konsole bereits seit geraumer Zeit im Handel erhältlich ist, andererseits aber auch am Mangel an exklusiven Spieletiteln. Die schlechten Verkaufszahlen im zweiten Quartal 2013 sprechen eine deutliche Sprache.

Vier Stunden Anstehen für 15 Minuten Spiele-Vergnügen

Das Leitthema der Gamescom 2013 heißt „next generation of gaming” und neben der nächsten Konsolengeneration gehören zu dieser natürlich auch neue Action-Blockbuster-Spiele wie Battlefield 4 oder Call of Duty: Ghosts. An solchen Spiele-Highlights arbeiten inzwischen bis zu 100 Personen über einen Zeitraum von drei Jahren. Die Entwicklungskosten belaufen sich zum Teil auf 20 Millionen Euro und mehr. Das Ziel: Die Videospiele sollen realistischer werden, die Spielerfahrung noch intensiver.

Wie groß das Interesse an diesen Blockbuster-Spielen ist, wird dem Gamescom-Besucher spätestens dann klar, wenn er die ewig langen Schlangen vor den Messeständen sieht: Bis zu vier Stunden stehen Spiele-Fans an, um schon vorab ein paar Minuten in den Genuss von EAs Battlefield 4 zu kommen. Danach geht es weiter. Zur nächsten Schlange. Der Tag auf der Gamescom hat ja schließlich nur zehn Stunden.

Casual Gaming auf dem Vormarsch

Auf der Gamescom begegnet man größtenteils männlichen Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren. Für viele der Prototyp eines Gamers. Tatsächlich gibt es den Standard-Gamer längst nicht mehr. Im vergangenen Jahr haben 26 Millionen Deutsche regelmäßig digitale Spiele genutzt und damit 5 Prozent mehr, als im Vorjahr. Jeder zweite Spieler ist inzwischen über 30 Jahre alt. Fast ein Drittel befindet sich in einer Einkommensklasse von über 3 000 Euro an monatlichem Haushaltsnettoeinkommen. Egal, ob Professor, Anwalt oder Schüler, sie alle trifft man in der virtuellen Spielewelt an.

Oftmals sind es aber gar nicht die bis zu 70 Euro teuren Blockbuster-Spiele, die die Nutzer fesseln und begeistern, sondern so genannte Casual Games. Diese Gelegenheitsspiele spielt man im Internet, auf dem Smartphone oder Tablet. Sie sind in der Regel kostenlos oder für unter zwei Euro zu haben. Als Paradebeispiel gilt Angry Birds. Rovio, die Entwicklerschmiede hinter den zornigen Vögeln, verkündete jüngst eine Umsatzsteigerung um 101 Prozent auf 152,2 Millionen US-Dollar. Nicht verwunderlich bei über 1,7 Milliarden Downloads.

Das Smartphone wird immer mehr zum preisgünstigen und unverbindlichen Spielekonsolenersatz.