Der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats hat den Weg dafür frei gemacht, dass sich die kirchlichen Jugendhilfeträger an den Ganztagsschulen engagieren. Die Stadt fordert von den freien Trägern nicht mehr explizit die weltanschauliche Neutralität.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats hat am Mittwoch den Weg dafür frei gemacht, dass sich die kirchlichen Jugendhilfeträger an den Ganztagsschulen engagieren. Diese hatten, wie berichtet, ihre Unterschrift unter die Mustervereinbarungen verweigert. Konkret hatten sie sich an folgendem Satz aus der Präambel gestört: „Da die Arbeit in Schulen stattfindet, ist für den Träger und sein Personal weltanschauliche Neutralität unabdingbare Voraussetzung für die Arbeit in der Ganztagesgrundschule.“

 

Der Ausschuss hat nun bei einer Enthaltung von Hannes Rockenbauch (SÖS) beschlossen, den strittigen Satz zu streichen. Eine weitere Formulierung jedoch bleibt, um die weltanschauliche Neutralität dennoch pädagogisch einzuschließen: dass der Träger „im Sinne des Schulgesetzes“ am Erziehungs- und Bildungsauftrag mitwirke. Im Schulgesetz steht nämlich, dass Lehrkräfte in ihren Bekundungen weltanschauliche, religiöse und politische Neutralität wahren müssen. Nun sei die Präambel rechtlich haltbar, sagte die Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU).

Die Debatte im Ausschuss ist im Vergleich zur großen Aufregung im Vorfeld recht kurz ausgefallen. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Peter Pätzold, übte Kritik an der Verwaltung: „Wir hätten uns gewünscht, die Verwaltung hätte vorher nachgedacht beim Verfassen der Präambel“, sagte er. Hätte man von vornherein weltanschauliche Neutralität auf das pädagogische Handeln bezogen, wäre das Problem nicht aufgetreten. „Die Diskussion zu dem Thema lohnt sich“, sagte Pätzold aber. Susanne Eisenmann erinnerte daraufhin daran, dass die gestrichene Formulierung auf „entsprechende Anträge“ aus dem Gemeinderat zurückgegangen war – SPD und SÖS/Linke hatten diese gestellt. Die daraus resultierende Vorlage war zudem einstimmig beschlossen worden.

Die Träger sind erleichtert

Die Stadträtin Iris Ripsam (CDU) zeigte sich „sehr froh“ über die nun erreichte Lösung, „damit die Gemüter wieder beruhigt sind“. Sie wies daraufhin, dass es noch nie Probleme oder Beschwerden von Elternseite über mangelnde weltanschauliche Neutralität gegeben habe. Roswitha Blind, die Fraktionsvorsitzende der SPD, begrüßte ebenfalls, dass „der Satz, der unsinnig war, gestrichen wird“. Sie zeigte sich selbstkritisch. Den Genossen sei erst später aufgegangen, dass kein Mensch weltanschaulich neutral sei. Die Zielsetzung, die sie mit dem Antrag verfolgt hätten, sei auch über den Bezug auf das Schulgesetz erfüllt – Handhabe bei Exzessen zu haben. „Es gäbe Möglichkeiten einzugreifen“, meinte auch Rose von Stein von den Freien Wählern.

Einzig Hannes Rockenbauch bedauerte die Änderung der Präambel – und dass auf die explizite Neutralitätsforderung verzichtet wird, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Die Haltung der Kirchen sei nicht zeitgemäß, sagte Rockenbauch.

Die Träger reagierten positiv: „Die Entscheidung freut uns“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Gesellschaft, Heinz Gerstlauer, auf Anfrage und kündigte an, den Vertrag nun zu unterschreiben. Endlich könne die Arbeit losgehen. Er würdigte den „konstruktiven Prozess“. Auch der Caritas-Direktor Ulrich Ahlert ist „dankbar über die Korrektur“ und will ebenfalls unterschreiben. „Wir sind froh, dass das im Dialog zu klären war“, sagte Ahlert. Er betonte, dass „selbstverständlich“ die Neutralität wie im Schulgesetz gelte: „Wir haben eine Wertebindung, aber wir machen unseren Beitrag nicht im Sinne einer Missionierung von Kindern.“