Mit einer kulturhistorischen Ausstellung öffnet sich demnächst endlich ein Teil des Garnissonsschützenhauses im Stuttgarter Süden der Öffentlichkeit.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Nach Jahren des unermüdlichen, ehrenamtlichen Einsatzes tut sich nun etwas am Garnisonsschützenhaus beim Dornhaldenfriedhof, und Mitte Oktober wird die Öffentlichkeit zur Vernissage in den Geräteschuppen geladen. Unter dem vieldeutigen Titel „Diesseits vom Jenseits“ werden die Besucher mitgenommen auf einen mitunter skurrilen Parforceritt durch die Kulturgeschichte des Trauerns. Der Geräteschuppen wurde 1898 hinter den beiden repräsentativeren Gebäuden errichtet. Die Stadt hat ihn dem Verein Garnisonsschützenhaus interimsweise zur Nutzung bis Jahresende überlassen. Kürzlich beim Tag des offenen Denkmals durfte die Öffentlichkeit bereits einen ersten Blick hineinwerfen.

 

Der Hefezopf als Erinnerungsstück

Der etwa 150 Quadratmeter große Innenraum ist in neun Boxen unterteilt. Nicht bekannt sei, wofür sie ursprünglich gedacht waren, berichtet der Vereinsvorstand Reinhard Schmidhäuser. Zur Gliederung der Ausstellung in einzelne Kapitel eigneten sie sich jedenfalls ziemlich gut. Die Kuratorin Maike Sander stellt in der Schau Trauerrituale in unterschiedlichen Kulturen wie China, Mexiko und Schwaben vor. Früher sei es etwa im süddeutschen Raum Sitte gewesen, dass Witwen sich die Zöpfe abschnitten und das Haar kunsthandwerklich verewigten, berichtet Karin Roßnagel vom Verein. Der Hefezopf sei gewissermaßen eine Reminiszenz an diesen Brauch, was vermutlich die wenigsten wissen, die sich morgens munter Marmelade auf die Zopfscheibe streichen. Kuratorin Maike Sander wird das „Diesseits vom Jenseits“ außerdem – so viel sei schon verraten – in den Boxen philosophisch, interkulturell und multimedial durchspielen. „Wir fanden, das das Thema gut in die dunkle Jahreszeit mit ihren Totengedenktagen passt“, sagt Roßnagel. Es sei aber auch dem Ort angemessen: Beim Garnisonsschützenhauses vis à vis dem Dornhaldenfriedhof fanden während der Nazidiktatur Hinrichtungen statt.

Krach-Wumm-Events unerwünscht

Signifikant ist auch die Lage im Wald und an Wanderweg-Routen. Auch diesem Aspekt will der Verein bei der künftigen Nutzung des Gebäudeensembles Rechnung tragen. Denn er hat den Auftrag von der Stadt, bis Jahresende gemeinsam mit der Neuen Arbeit ein Nutzungskonzept samt Kostenplan vorzulegen. An Ateliers für Künstler ist gedacht, und in der früheren Schießscheibenwerkstatt können sich Schmidhäuser und seine Mitstreiter einen „Raum der Stille“ vorstellen. Er könnte für private Trauerfeiern, Vorträge, Workshops für Schüler, Coachings oder auch für Yoga-Kurse genutzt werden könnte. Inhaltlich wolle man die Nutzung gar nicht festlegen, nur wünsche man eben keine Krach-Wumm-Events im Haus. Auch ein Café fänden die Vereinsmitglieder schön. Vermutlich würden sich auch die Friedhofsbesucher und die Spaziergänger auf dem Blaustrümpflerweg darüber freuen. Wie und in welchem Umfang ein gastronomischer Betrieb überhaupt ehrenamtlich zu stemmen wäre, wird derzeit im Verein diskutiert.

Während die Hauptgebäude unter Mithilfe der Neuen Arbeit noch renoviert, teils restauriert werden müssen, könnte draußen schon ein Lehrgarten entstehen. „Zur ehemaligen Kantine des Garnisonsschützenhauses gehörte sicherlich früher schon ein Kräutergarten“, schätzt Karin Roßnagel. Hieran wolle man anknüpfen. Auf die Vereinsleute wartet somit noch eine Menge Arbeit.

Zuerst steht nun die Ausstellung im Geräteschuppen an. „Wir müssen da die Spinnweben von über 100 Jahren entfernen“, sagt Roßnagel. Die Stadt lässt unterdessen das Dach und die Türen ausbessern. Inhaltlich feilt Maike Sander an der Ausstellung, die von Führungen und Workshops für Schüler flankiert werden wird. Mitte Oktober kann man dann zum Gucken kommen.