Mehr als 300 Jahre war der Adler in Owen ein Hort der Gastlichkeit. Jetzt schließt die Gaststätte die Tore für immer. Das Haus wird abgerissen und weicht einer Wohnanlage.

Owen - Mir tut gar nix mehr weh“, sagt Ute Scheu, doch ihre Augen sprechen eine andere Sprache. 40 Jahre lang hat sie, gemeinsam mit ihrem Mann Robert, in der Traditionsgaststätte Adler in Owen hinter der Theke gestanden, hat Bier gezapft und Essen ausgegeben. Jetzt sitzt sie an einem kleinen Tischchen, eingeklemmt unter der Garderobe am Eingang, und wickelt ein Wirtsleben ab.

 

Im Jahr 1680 ist das Gasthaus an der Hauptstraße gebaut worden. 28 Jahre später taucht die „Herberg zum Schwarzen Adler“ erstmals in der Ortschronik auf. Die Zimmerleute, die das Dach der benachbarten Kirche gedeckt haben, waren dort verköstigt worden. Im Lauf des kommenden Jahres wird der Adler, eines der ältesten Gasthäuser in der Region, der Abrissbirne zum Opfer fallen – und mit ihm 310 Jahre Gastlichkeit. Nachdem die Suche der aus Altersgründen ausscheidenden Wirtsleute nach einer Nachfolge, sei es auf Pacht- oder auf Kaufbasis, gescheitert war, entstehen auf dem Areal nun Wohnungen.

Gläser, Gedecke, Pfannen, Blumengestecke, Dunstabzugshauben, Edelstahltöpfe und fahrbare Wasserbehälter – alles muss jetzt noch raus, bevor die Abrissbagger kommen. Das Profigerät läuft schleppend, doch die selbst gemachten Pfeffer- und Rahmsoßen waren gleich weg. Die Owener Hausfrauen haben die Gunst der Stunde genutzt. „Fleisch braten kann jeder, aber die Soße kocht mein Mann noch so, wie es früher war“, sagt sie .

Seit beinahe 40 Jahre hinter Herd und Tresen

Früher, das beginnt für das Ehepaar Scheu im Jahr 1978. Da hat der 25 Jahre alte Robert Scheu das Gasthaus „Zum Adler“ vom Vater Ernst in dritter Generation übernommen. Der gelernte Metzger hat den Köchen im Plochinger Waldhorn über die Schulter geschaut. Auf den Tisch des Hauses kommen von Beginn an schwäbische Spezialitäten. Robert Scheu ist einer der ersten Biosphären-Gastgeber in der Region. Der Adler-Wirt wird als „Schmeck den Süden“-Gastronom mit zwei Löwen ausgezeichnet. Die Standortgunst tut ihr übriges: Die Großstädter, die auf die Alb fahren oder von der Alb kommen, kehren im Adler ein. Ebenso halten es die Busladungen, die es sich in der Panorama Therme des benachbarten Beuren haben gut gehen lassen.

Im kleinen Teckstädtchen gehörte der Adler-Besuch ohnehin zum Pflichtprogramm. „Wir hatten 14 Plätze am Stammtisch und trotzdem hat es nicht gereicht. Also haben wir einen zweiten eingerichtet“, sagt Robert Scheu. Im inzwischen still gelegten Saal tagt der Liederkranz, treffen sich die Kleintierzüchter und diskutiert der Albverein. Hier wird geheiratet und so manch „schöne Leich“ gefeiert. 21 Sommer lang ist der Biergarten, den die Scheus hinter dem Haus an der Lauter eingerichtet haben, beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. „Da war jeden Tag Maientag. Alle Generationen an einem Tisch“, sagt Robert Scheu in Anspielung auf den beliebten Owener Nationalfeiertag.

Damit ist jetzt unwiederbringlich Schluss. Diese, ihre letzte Woche im Adler, wird Ute Scheu noch täglich von 17 Uhr bis um 18 Uhr an ihrem Tischchen unter der Garderobe sitzen und das Inventar verkaufen. Bis dann vom alten Adler wirklich nichts mehr da ist, was wehtun könnte.