Weil Gäste sich von der Gastronomin einer Vereinsgaststätte beleidigt fühlen, haben sie diese angezeigt. Diese bezeichnet sich zwar als „knallhart“, weist die Vorwürfe, jemanden beschimpft zu haben, aber entschieden zurück.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Degerloch - Ihr Stimmorgan ist derart laut, dass man am anderen Ende der Leitung gut damit beraten ist, den Hörer etwas vom Ohr wegzuhalten. „Nehmen Sie’s nicht persönlich, wenn ich bisschen aggressiv wirke“, sagte die Wirtin einer Vereinsgaststätte im Telefongespräch. Sie ist auf hundertachtzig. Denn obwohl sie sich der Tatsache bewusst ist, dass sie etwas ruppig sein kann, versteht die Frau überhaupt nicht, warum Gäste sie wegen Beleidigung angezeigt haben. Bis auf Weiteres, sagt sie, will sie anonym bleiben. Laut einer zwölfköpfigen Besuchergruppe, die das Restaurant in Degerloch Anfang August aufsuchte, sei diese von der Wirtin unter anderem als „Arschlöcher“ und „Idioten“ bezeichnet worden.

 

Nachdem die Gäste, eine Nordic-Walking-Gruppe aus Birkach, das Restaurant – je nach Darstellung gegen 11 Uhr morgens oder gegen 23 Uhr abends betreten haben, sollen sie von der Wirtin zunächst ignoriert worden sein. Als sich diese dann den Gästen widmete, so die Schilderung, habe sie der Gruppe „die Karten auf den Tisch geknallt“.

Wirtin will nur geflucht haben

Auch während der Aufnahme der Bestellung soll die Gastronomin nicht durch Freundlichkeit bestochen haben. „Sie belehrte uns, dass wir eigentlich zu dumm seien, um ihre Karte zu lesen“, sagt die Frau, die Anzeige erstattete. Der Grund dafür sei gewesen, dass ein anderer Gast nach stillem Wasser fragte – was nicht auf der Karte steht.

Nachdem die Gäste lange Wartezeiten monierten, sei es vollends zum Eklat gekommen. Die Wirtin soll „unflätig herumgeschrien“ haben, dass sie selbst in ihrem Lokal das Gesetz sei. „Wir hatten richtig Angst vor ihr“, so die 72-jährige Klägerin. Weiter soll sie die Besucher herauskomplementiert und sie dabei unter anderem als „Arschlöcher“ und „Idioten“ beschimpft haben.

Dass die Wirtin in ihrem Laden das Sagen hat, steht für sie nicht zur Debatte. „Die Gäste haben sich bei mir zu benehmen“, sagt die Degerlocher Gastronomin, die seit 40 Jahren in der Branche ist. Obwohl die Gäste erst nach Ladenschluss gekommen seien, hätten sie sich gegenseitig mit Sonderwünschen überboten. „Ich teile für erwachsene Menschen kein Kinderschnitzel in zwei“, sagt die Wirtin.

„Ihre wäre so ein Verhalten durchaus zuzutrauen“

Das habe den Gästen nicht gepasst. So hätten diese selbst nach der Rechnung verlangt. Dass sie irgendjemanden direkt beleidigt habe, sei eine Lüge: „Ich habe vielleicht geflucht! Aber das mache ich häufig.“

Das tut sie.

Die Wirtin macht keinen Hehl daraus, dass man sich lieber nicht mit ihr anlegt. Sie sei ein „knallharter“ Mensch: „Zivilisiert, diszipliniert, kultiviert!“ – und überdies noch streng katholisch. Darum schenke sie zum Beispiel betrunkenen Gästen auch keinen Alkohol mehr aus. „Und weil es gegen das Gesetz ist!“

Ist die rüstige Gastronomin, die kein Blatt vor den Mund nimmt, zu unrecht angezeigt worden? Mitglieder des Vereins, an den die Gaststätte angegliedert ist, sind da geteilter Meinung. Einer erzählt, dass es in diesem Sommer schon einmal einen Eklat zwischen Gästen und der Wirtin gegeben habe. Ein anderer sagt hinter vorgehaltener Hand: „Ihr wäre so ein Verhalten durchaus zuzutrauen.“

Anzeige jetzt bei der Staatsanwaltschaft

Die Vereinsspitze gibt der Wirtin dagegen Rückendeckung. Die „sehr geschätzte“ Gastronomin dürfe ihre Sicht der Dinge selbstverständlich erst mal darlegen, bevor zu entscheiden sei, wie weiter verfahren werde. Im Zweifel heiße es: „Für die Angeklagte!“

Ob es nach der Anzeige überhaupt zu einer Anklage kommt, hat die Staatsanwaltschaft zu entscheiden, wo die Klage der Gäste jetzt zur Bearbeitung liegt. „Die Polizei soll nur herkommen!“, ruft die Gastronomin. Was natürlich nicht als Drohung an die Beamten zu verstehen sei. Sie wolle damit nur sagen, dass sie ihre Hände in Unschuld wäscht. Mittlerweile hat auch sie ihre Version der Geschichte bei der Polizei zu Protokoll gegeben.