Der Bundespräsident Joachim Gauck bemüht sich, die gefährliche Polarisierung in der Asyldebatte zu überwinden. Das ist zu begrüßen, kommentiert Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Mainz - Mit einer unkontrollierten Grenzöffnung und dem Wort „Wir schaffen das“ hat Angela Merkel einen Akzent in der deutschen Flüchtlingspolitik gesetzt, der ihr im Ausland wie im Inland gleichzeitig überschwängliches Lob und scharfe Kritik eingebracht hat. Während die einen loben, die Kanzlerin habe Europas Ehre gerettet, werfen die anderen ihr vor, gefühlsgesteuert und naiv zu handeln. Obwohl Merkel in ihrer praktischen Politik längst gegensteuert und die Aufnahmeregeln für Flüchtlinge drastisch verschärfen will, wirkt diese Akzentsetzung fort – und sie polarisiert.

 

Er ist sich der Sprengkraft der Debatte bewusst

Bundespräsident Joachim Gauck ist sich, wie seine Mainzer Rede zeigt, der gesellschaftspolitischen Sprengkraft dieser Debatte sehr bewusst. Deutlicher als die Kanzlerin in ihren Wortmeldungen nimmt er die Sorgen vor einer Überdehnung der deutschen Aufnahmefähigkeiten auf. Klar benennt er die Konflikte, die durch Hunderttausende neuer Mitbürger entstehen – vor allem, wenn diese Wertvorstellungen mitbringen, die unvereinbar sind mit den im Grundgesetz verankerten Freiheits- und Gleichheitsrechten. Dies wird helfen, eine ehrliche und zielführende Diskussion zu führen. Gauck nimmt damit die Rolle wahr, die ihm laut Verfassung zugedacht ist: als Staatsoberhaupt mitzuhelfen, dass die Gesellschaft zusammenhält.