Nach dem Lokführer-Streik am vergangenen Wochenende hatte die GDL angekündigt, für sieben Tagen nicht streiken zu wollen. Jetzt verlängert die Gewerkschaft die Verschnaufpause noch um ein paar Tage.

Frankfurt/Berlin - Im Tarifstreit mit der Bahn werden die Lokführer bis 2. November nicht streiken. Das teilte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Freitag in Frankfurt mit. Zugleich drohte GDL-Chef Claus Weselsky für die Zeit danach mit neuen Arbeitsniederlegungen - sollte es die Bahn weiterhin ablehnen, mit der GDL auch Tarifverträge für Eisenbahner abzuschließen, die keine Lokführer sind.

 

Vor dieser Erklärung hatte die GDL einen neuerlichen Ausstand bis kommenden Montag ausgeschlossen. Die Bahn nannte es zunächst wichtig, „dass Kunden und Mitarbeiter bis aufs Weitere Ruhe haben“.

Weselsky: Prinzip der Tarifpluralität

Weselsky betonte, für die GDL gelte das Prinzip der Tarifpluralität: „Jede Gewerkschaft kann für ihre Mitglieder Forderungen aufstellen und sie, sofern sie mitgliederstark, tarifmächtig und solidarisch untereinander ist, auch durchsetzen.“ Deshalb sei die GDL auch nicht bereit, auf die Vorschläge der Bahn und der konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) einzugehen, wonach jeweils die Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern die Federführung bei Tarifverhandlungen für die einzelnen Berufsgruppen haben soll.

Weselsky warf der Bahn vor, mit den bisher nur an die Lokführer gerichteten Tarifangeboten „die Grundrechte unserer Mitglieder zu beschneiden“. Dabei bezog er sich auf Artikel 9 des Grundgesetzes, in dem „für jedermann und alle Berufe“ das Recht zur Bildung von Vereinigungen gewährleistet wird.

In einem Brief an den EVG-Vorsitzenden Alexander Kirchner schrieb Weselsky, nicht nur Lokführer, sondern auch Lokrangierführer, Bordgastronomen, Disponenten und Instruktoren seien Mitglied bei der GDL. „Die Frage, ob man ein, zehn, hundert oder mehrere tausend Mitglieder haben muss, steht weder zur Disposition der EVG noch zur Disposition der Arbeitgeberseite“, fügte der GDL-Vorsitzende hinzu.

Die Bahn nannte die Darstellung der GDL, die Bahn wolle Grundrechte von Arbeitnehmern infrage stellen, „absurd und nicht nachzuvollziehen“. Eine Bahnsprecherin sagte: „Wir wollen endlich inhaltliche Verhandlungen über die Ansprüche der Arbeitnehmer führen, aber die GDL kommt nicht, weil sie unter konstruierten Vorwänden Organisationspolitik betreibt, selbst wenn dafür die Verfassung herhalten soll.“ Das Unternehmen wolle unfaire und widersprüchliche Löhne und Arbeitszeitregelungen vermeiden.

Kein neuer Verhandlungstermin

Ob es zwischen Bahn und GDL zuletzt wieder Gesprächskontakte gab, war unklar. Der Konzern sei zu Gesprächen grundsätzlich bereit, hieß es lediglich bei der Bahn. Ein GDL-Sprecher sagte, einen Verhandlungstermin gebe es noch nicht.

Die EVG hatte es zuvor als unverständlich bezeichnet, dass sich die GDL weigere, ihre Mitgliederzahl in jenen Berufsgruppen offenzulegen, bei denen die Mehrheit zwischen den Gewerkschaften strittig ist. „Wer behauptet, Mehrheiten zu haben, sich aber der Transparenz verweigert, ist unglaubwürdig“, sagte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner.

Die EVG hatte vorgeschlagen, die Mehrheiten von einem Notar klären zu lassen. Dann könne die Gewerkschaft, die in der jeweiligen Berufsgruppe die Mehrheit stellt, federführend über die spezifischen Themen in dieser Gruppe verhandeln. Weselsky entgegnete in seinem Brief: „Mit der GDL wird es keine Erbsenzählerei vor Notaren geben.“