Eine kleine Gruppe kommt jeden Dienstagabend in der Thomaskirche in Stuttgart-Süd zusammen. Sie beten gemeinsam für all die Menschen, die von Kriegen betroffen sind.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

S-Süd - Das Friedensgebet in der Thomaskirche hat eine lange Tradition. Diese beginnt 1986 mit der Katastrophe von Tschernobyl. „Damals waren wir alle erschrocken über das, was in unserer Welt alles passiert“, erinnert sich Wilhelm Bischof. Bis in die 90er-Jahre hinein kamen Christen regelmäßig in der Kirche an der Schwarzwaldstraße zusammen: um zu beten, um ihre Ängste und Nöte auszusprechen und um sich gegenseitig zu stärken.

 

Ein trauriger Anlass für das gemeinsame Gebet

Doch dann schlief diese Gewohnheit nach und nach ein. Kurz vor Weihnachten hat Bischof sie zusammen mit ein paar Mitstreitern wiederbelebt. Aus traurigem und aktuellem Anlass: „Die kriegerischen Konflikte in aller Welt häufen sich“, sagt Bischof. Tschernobyl habe damals viele Menschen auch in Deutschland betroffen gemacht. Die Reaktorkatastrophe war eine allgegenwärtige Gefahr. Heute seien es viele kleinere Kriege, die weit weg scheinen. „Aber sie sind es nicht“, warnt Bischof.

Der Kaltentaler hat das Friedensgebet zusammen mit Sigrid Rostan und Ingrid Hauser ins Leben gerufen. Letztere hat an diesem Abend einen kleinen Weihnachtsstern und ein paar Zweige mitgebracht. Diese arrangiert sie im Chor der evangelischen Thomaskirche. Sigrid Rostan entzündet die Kerze auf dem Altar. Die Glocken werden geläutet. Zwei Handvoll Leute sind gekommen. Es ist eine lose Gruppe. „Es kann kommen, wer will. Wir machen das ganz zwanglos und ökumenisch“, sagt Hauser, die selbst Katholikin ist.

Das Friedensgebet ist eine ganz persönliche Sache

Das Friedensgebet ist eine Taizé-Andacht. Die Gläubigen singen und sprechen Fürbitten. Ein paar stehen auf den Din-A4-Zetteln, die Hauser zu Beginn verteilt hat. Die Teilnehmer ergänzen diese um ihre eigenen Wünsche und Gebete. Vieles geschieht spontan. „Was kann aus Kindern werden, die in Not und Elend und Krieg und mit der Waffe in der Hand aufwachsen“, fragt beispielsweise eine ältere Dame. Eine Predigt gibt es nicht. Das ist typisch für eine Taizé-Andacht. Statt dessen beten die Gläubigen gemeinsam das Vater Unser und singen ein Abschlusslied.

Das Friedensgebet in der Thomaskirche ist eine persönliche Sache. Es tut den Teilnehmern gut. „Man weiß sonst nicht wohin mit seinen Sorgen“, sagt Sigrid Rostan. Und Sigrid Hauser ist sich sicher, dass „in der Gemeinschaft etwas entsteht“. Es seien so viele kleine positive Dinge, die sich wie eine Welle fortsetzen.

Für Pfarrerin Mirja Küenzlen ist das Friedensgebet „was außerordentlich Wichtiges“. „Es stärkt die Menschen. Und ich glaube an die Wirksamkeit von Gebeten“, sagt Küenzlen. Natürlich sei das Friedensgebet etwas Persönliches. „Aber wir sind als Christen in die Welt gestellt, und so hat jedes Gebet auch immer eine politische Dimension.“ Es habe seit jeher eine enge Verbindung zwischen christlicher Frömmigkeit und politischer Wachsamkeit gegeben. Darum werde auch im Gottesdienst für den Frieden gebetet. „Gerade in diesen Zeiten, in denen der Frieden so fragil ist“, sagt die Pfarrerin.

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