Trotz massiver Kritik will Bremen als erstes Bundesland jetzt endgültig die DFL an den Polizeieinsatzkosten bei Risikospielen beteiligen. Die Hansestadt glaubt, dass andere Bundesländer folgen werden.

Bremen - Als erstes Bundesland will Bremen jetzt endgültig die Deutsche Fußball-Liga (DFL) an den Polizeieinsatzkosten bei Risikospielen beteiligen. Das Parlament des Stadtstaates – die Bürgerschaft – beschloss am Mittwoch eine entsprechende Änderung des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes in zweiter und damit letzter Lesung. Die neue Gebührenpflicht gilt für alle gewinnorientierten Großveranstaltungen mit mehr als 5000 Besuchern, bei denen „wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen“ ein größeres Polizeiaufgebot als üblich „vorhersehbar erforderlich“ wird. Ursprünglich sollte die Untergrenze bei 3000 Besuchern liegen. Eine Grundversorgung an Polizeischutz soll kostenfrei bleiben, ebenso die Begleitung von Demonstrationen oder friedlichen Großveranstaltungen. Nach dem Bundesligaspiel Werder Bremen gegen Hannover 96 am 13. Dezember will die Polizei ihren ersten Gebührenbescheid an die DFL verschicken.

 

Der Verband hat bereits angekündigt, durch alle Gerichtsinstanzen dagegen vorzugehen und im Falle einer Niederlage den Gebührenbescheid an Werder Bremen weiterzureichen.

Die Regierungskoalition rechnet mit Gebühren bei drei bis vier Risikospielen pro Saison in Höhe von jeweils einigen hunderttausend Euro. Bei diesen Spielen werden nicht wie üblich nur 120 bis 200 Polizisten eingesetzt, sondern 1200 bis 1500.

Die rot-grüne Koalition stimmte gemeinsam mit den rechtspopulistischen „Bürgern in Wut“ für das Gesetz, CDU und Linke votierten dagegen. In der Parlamentsdebatte erinnerte SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe daran, dass der DFB als Strafe für den Bremer Vorstoß das EM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Gibraltar von Bremen nach Nürnberg verlegt hatte. Aber, so Tschöpe: „Wir lassen uns von dem Säbelrassen aus Frankfurt nicht beeindrucken.“ Es sei in der Geschichte der Bundesrepublik ziemlich einmalig, ein frei gewähltes Parlament derart unter Druck setzen zu wollen.

Für Polizeieinsätze beim Profifußball entstehen laut Tschöpe deutschlandweit Kosten von 90 Millionen Euro pro Jahr. Ähnlich wie der grüne Koalitionspartner argumentiert die SPD, dass es angemessen sei, einen „milliardenschweren Unterhaltungskonzern“ wie die DFL an den gesellschaftlichen Folgekosten seines Geschäfts zu beteiligen. Dass Werder jetzt angedroht habe, im Falle von Gebührenbescheiden künftig bei der Gewaltvorbeugung zu sparen, sei eine „schändliche Argumentation“.

Die CDU-Opposition nannte das neue Gesetz „rechtswidrig sowie kontraproduktiv bei der Verhinderung von Gewalt am Rande von Fußballspielen“. Zudem würden damit Absprachen zwischen der Innenministerkonferenz und den Sportverbänden unterlaufen. Die Linke forderte, statt Gebühren zu erheben, lieber die Körperschaftssteuer wieder zu erhöhen. Außerdem sei es grundsätzlich bedenklich, hoheitliche Aufgaben zu privatisieren. Wenn hier einmal der Anfang gemacht werde, drohten Ausweitungen auf andere Veranstaltungen.

Innen- und Sportsenator Ulrich Mäurer (SPD) erinnerte daran, dass der Bund die Kosten von Fluggastkontrollen auf die Fluggesellschaften abgewälzt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies als angemessene Lösung bestätigt – obwohl man hätte sagen können: „Was kann die Lufthansa dafür, dass es Terroristen gibt?“. Vor diesem Hintergrund, so Senator Mäurer, rechne er sich „sehr gute Chancen“ aus, dass auch die Fußballgebühren vor Gericht Bestand hätten.

Ursprünglich wollte der Bremer Senat auf die sofortige Vollziehbarkeit des ersten Kostenbescheids verzichten, um zunächst die Gerichte über die Rechtmäßigkeit entscheiden zu lassen. Nach der Verlegung des Länderspiels und der angekündigten Kostenabwälzung der DFL auf Werder will Mäurer jetzt aber überlegen, doch die sofortige Vollziehbarkeit anzuordnen, wie es auch sonst bei Gebührenbescheiden üblich sei.