Das Denkmal für den „Eisernen Kanzler“, der Bismarckturm auf dem Gähkopf, ist 110 Jahre alt und der Bürgerverein hat dazu zum Fest geladen.

Lokales: Sybille Neth (sne)

S-Nord - Hans-Christian Wieder hat nicht nur den Schlüssel für das Tor zum Bismarckturm, er organisiert auch jedes Jahr das Nachbarschaftsfest am Fuße des Baudenkmals. Am Freitag mussten die drei Musiker von Jazzmobil ihre Instrumente in den Turm bringen, weil ein Regenguss mit Gewitter das Fest zu beenden drohte, kaum dass es begonnen hatte. Doch nach dem ersten Guss war alles wieder gut und der Platz füllte sich zusehends. Die Musiker holten ihre Instrumente wieder und Rote sowie Thüringer brutzelten weiter, als habe es das nasse Zwischenspiel nie gegeben. „Man muss immer positiv denken, dann wird es auch was“, sagte Hans-Christian Wieder. Wie immer beim Fest unterm Bismarckturm führte der ehrenamtliche Türmer Interessierte die 92 Stufen zur Aussichtsplattform hinauf, die bei gutem Wetter einen grandiosen Blick auf Stadt und Umgebung bietet.

 

Erbaut zu Ehren des „Eisernen Kanzlers“

Erbaut wurde der Turm vor 110 Jahren als einer von insgesamt 240 Bismarcktürmen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorwiegend in den Grenzen des damaligen Deutschen Reiches, aber auch in den deutschen Kolonien errichtet wurden. Otto von Bismarck, der die Gründung des Deutschen Reiches maßgeblich vorangetrieben hatte und dessen erster Reichskanzler war, wurde damit von seinen Verehrern posthum geehrt. Alle Türme gehen auf private Initiativen zurück, erläutert der Historiker Wolfram Pyta. Auch seine Anwesenheit gehört zur Tradition beim Fest, denn Pyta gibt Auskunft über Fragen, die das Bauwerk betreffen. Als als Bewohner des Killesbergs gehört er zu Wieders Zielgruppe. „Wir wollen uns hier mal von Angesicht zu Angesicht treffen und nicht nur aus dem Auto zuwinken“, sagte der Organisator.

Zwischen 200 und 300 Besucher schauen jedes Jahr beim Fest vorbei und somit hat der Turm eine neue Variante seiner ursprünglichen Bedeutung als Versammlungsort erhalten. „Bismarcktürme standen immer in der freien Fläche und sollten mit Fackelzügen gut erreichbar sein“, berichtete Pyta. Heute ist er ein Treffpunkt für die Bewohner. „Heimat stiftet Heimat“ – so brachte der Geschichtsprofessor die heutige Funktion auf den Punkt.

Erst seit 2002 ist der Turm wieder zugänglich

Wie alle Bismarcktürme, wurde auch der Stuttgarter privat durch Spenden finanziert. Alle wurden nach Entwürfen des Architekten Wilhelm Kreis erbaut. 1899 hatte er beim Wettbewerb für die Bismarcktürme, den die „Deutsche Studentenschaft“ ausgeschrieben hatte, unter 320 eingereichten Entwürfen mit gleich drei Arbeiten das Rennen gemacht.

Zehn Jahre später initiierte die Studentenschaft der Technischen Hochschule Stuttgart den Bau des Turmes auf dem Gähkopf, der höchsten Erhebung im Norden der Stadt. „Er ist ein besonders gepflegtes Exemplar“, sagte Pyta.

Heute ist der Bürgerverein Killesberg und Umgebung der Träger und für den Unterhalt und die Besichtigungsmöglichkeiten zuständig. Wegen baulicher Mängel war der Turm lange gesperrt und ist erst seit 2002 wieder freigegeben.