Für von den Nationalsozialisten ermordete Menschen hat der Künstler Gunter Demnig in Schorndorf und Backnang Stolpersteine gesetzt. Dahinter stehen berührende Schicksale.

Schorndorf - Manchmal schrumpft eine Zeitspanne von sechs Jahrzehnten auf einen Moment zusammen. Siegfried Waldemar Fetzer hat Tränen in den Augen, als er sich am Donnerstag erhebt, um eine weiße Rose an der Messingplatte in der Schorndorfer Römmelgasse niederzulegen. Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat den sogenannten Stolperstein mit den Lebensdaten seiner Mutter auf der Straße vor die Stelle gesetzt, wo einst das Haus der Familie stand, am Rande der Schorndorfer Altstadt. Der alte Mann im weißen Hemd bückt sich, gestützt vom Oberbürgermeister und vom Vorsitzenden der örtlichen Naturfreunde. Jede seiner Bewegungen ist voller Schmerz.

 

Siegfried Waldemar Fetzer, der heute in Osnabrück lebt, war noch ein Kind, als seine Mutter Marie Anna Fetzer wegen einer angeblich unheilbaren Krankheit in die sogenannte Heilanstalt Winnenden eingesperrt wurde. Von dort deportierte man sie am 30. Mai 1040 nach Grafeneck, wo sie in einer Gaskammer starb – eine von 10 654 Menschen, die dort im Jahre 1940 ermordet wurden. Schüler lasen einen Brief von Marie Anna Fetzer vor: Sie wäre so gerne daheim bei ihrer Familie und würde sich um ihren Sohn kümmern, „meinen kleinen Goldschatz“, schreibt sie. Auch die Todesnachricht aus Grafeneck wurde vorgelesen. „Gelenkrheumatismus und Herzinnenbandentzündung“ lautete die erlogene Todesursache. „Angesichts ihrer schweren Erkrankung bedeutet ihr Tod eine Erlösung“, schließt das Schreiben zynisch.