Von der Dauerausstellung im geplanten NS-Dokuzentrum im Hotel Silber gibt es eine erste Visualisierung. Der Entwurf stößt auf Zustimmung, doch die Jury hat auch einige Anregungen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Von der Dauerausstellung im geplanten NS-Dokumentationszentrum im Hotel Silber gibt es eine erste Visualisierung. Die Architekten Wolfgang Lorch und Andrea Wandel, die vor vier Wochen als Sieger aus einem Architekturwettbewerb hervorgegangen sind (die StZ berichtete), wollen den noch authentischen Zuschnitt der früheren Gestapo-Büros erhalten, in denen über die Deportation jüdischer Mitbürger entschieden worden ist und in denen viele Verhöre mit körperlichen Übergriffen stattgefunden haben. Tapeten und Putz sollen entfernt werden, um eine „bedrückende Atmosphäre“ zu schaffen, wie es die Jury formuliert hat. Durchbrüche in den Wänden erlauben den Besuchern, direkt von einem Büro in das nächste zu gehen.

 

Lorch: Man muss nicht auf die Tränendrüse drücken

Architekt Wolfgang Lorch betont, dass sein in Frankfurt und Saarbrücken ansässiges Büro bewusst einen sachlichen Charakter der Ausstellung angestrebt habe: „Die Geschichten, die es zu erzählen gilt, sind so schrecklich, da muss man nicht auf die Tränendrüse drücken“, sagt er. Die Banalität des Bösen, die auch für die frühere Gestapo-Zentrale an der Dorotheenstraße galt, soll im nüchternen Ambiente aufscheinen.

Die Kritik, die Räume seien zu dunkel und wirkten deshalb gerade auf Jugendliche als Hauptzielgruppe abschreckender als notwendig, kann Lorch nicht nachvollziehen: Das dunkle Thema müsse sich in der Architektur spiegeln. Der Bürgerinitiative zum Hotel Silber, die das Projekt mitträgt, gefällt der Entwurf: „Er hat mit seiner unaufgeregten stringenten Grundhaltung viel Potenzial für die weitere Ausarbeitung“, sagt Elke Banabak vom Vorstand des Bürgervereins. Man hoffe aber sehr, dass das Architekturbüro aufgeschlossen sei für die Zusammenarbeit mit der Initiative. Das Büro Wandel Lorch hat mit Museen zur Geschichte des Nationalsozialismus viel Erfahrung und beispielsweise die KZ-Gedenkstätte in Ravensbrück konzipiert. Das jüdische Museum in München oder die neue Synagoge in Dresden stammen ebenfalls von Wandel Lorch.

Jury wünscht sich mehr interaktive Elemente

In den nächsten Monaten wird der erste Entwurf vermutlich noch an einigen Stellen überarbeitet werden, denn die Jury hat durchaus noch einige Anregungen. So wünscht sie sich mehr interaktive Elemente, „um eine größere Lebendigkeit der Ausstellung zu erreichen“. Auch ist der Jury der Gegenwartsbezug der Ausstellung – Stichwort Ausgrenzung von Minderheiten – noch nicht stark genug. Die Bürgerinitiative hat ebenfalls immer die Notwendigkeit betont, Brücken aus der Geschichte in die Gegenwart zu schlagen.

Daneben regen die Architekten an, den Haupteingang hin zum Charlottenplatz zu verlegen, da der bisherige Eingang kein Foyer besitzt und nicht behindertengerecht ist; wenn eine Schulklasse ins Museum käme, würde dies sofort zu Gedränge führen. Der neue Eingang habe zu Zeiten, als in dem Gebäude noch ein Hotel untergebracht war, bereits existiert, betont Wolfgang Lorch; man setze also auf keine künstliche Lösung. Man käme dann direkt in den früheren Frühstücksraum des Hotels, der als Foyer genutzt werden könnte. Allerdings ist dieser einzige große Raum im Haus auch gedacht für Veranstaltungen – im Falle einer Veranstaltung müsste dann der bisherige Eingang genutzt werden.

Im Hotel Silber hatte von 1933 bis 1945 die Geheime Staatspolizei für Württemberg und Hohenzollern ihren Sitz. Das Gebäude soll in ein Dokumentationszentrum mit 1000 Quadratmetern Fläche umgebaut werden; getragen wird das Projekt vom Land Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart. Künftig ist das Museum Zweigstelle des Hauses der Geschichte. Die Eröffnung wird frühestens im Herbst 2017 sein.