Acht Jahr nach dem Beginn der öffentlichen Debatte um den Erhalt des ehemaligen Gestapo-Gefängnisses Hotel Silber sind am Freitag die Verträge zur Finanzierung und Organisationsstruktur der Gedenk- und Erinnerungsstätte unterzeichnet worden.

Stuttgart - Acht Jahr nach dem Beginn der öffentlichen Debatte um den Erhalt des ehemaligen Gestapo-Gefängnisses Hotel Silber und fünf Jahre, nachdem die Regierungspartner Grün und Rot in einer Nebenabrede zum Koalitionsvertrag den Erhalt des historischen Ortes fixiert hatten, sind am Freitag die Verträge zur Finanzierung und Organisationsstruktur der geplanten Gedenk- und Erinnerungsstätte unterzeichnet worden. Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) sowie Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) setzen am Vormittag ihre Unterschriften unter die Vereinbarungen.

 

Das Projekt regelt – bundesweit einmalig – die Zusammenarbeit zwischen dem Stuttgarter Haus der Geschichte sowie der privaten Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber bei der Ausgestaltung und der programmatischen Ausrichtung der Einrichtung. Die Initiative, der mehr als 20 Organisationen sowie Privatpersonen angehören, hatte erfolgreich gegen den Abriss des Gebäudes im Zuge des Projekts Dorotheenquartier der Firma Breuninger gekämpft.

Finanziert wird das Haus im Wesentlichen gemeinsam von Stadt und Land. Für den laufenden Betrieb – die Gedenkstätte soll im Jahr 2017 eröffnet werden soll – stehen jährlich 500 000 Euro zur Verfügung, die von den Trägern jeweils zur Hälfte übernommen werden. Dazu kommen die Kosten für die Flächenbewirtschaftung in Höhe von rund 60 000 Euro jährlich, die ebenfalls geteilt werden. Für die Vorbereitung, Ausstellungsplanung und Ausstellungseinrichtung stehen weitere drei Millionen Euro bereit, die Stadt und Land ebenfalls zur Hälfte schultern. Lediglich die Miete von rund 150 000 Euro jährlich und die Umbaukosten von mehr als drei Millionen Euro trägt das Land alleine.

Insbesondere über die Beteiligung der Bürger am Lern- und Gedenkort war hinter den Kulissen lange Zeit kontrovers diskutiert worden (die StZ berichtete ausführlich). Auch das Verhältnis zwischen dem Haus der Geschichte, das die Leitung inne hat, und der Bürgerinitiative war angespannt. Doch daran wollte sich am Donnerstag keiner der Beteiligten mehr „abarbeiten“, wie es Elke Banabak von der Initiative formulierte. Stattdessen Dank an alle Beteiligten – und die Mahnung, aus der Geschichte zu lernen. „Der heutige Tag ist der krönende Abschluss eines mehrjährigen intensiven Dialogprozesses“, so Nils Schmid. Land und Stadt stellten sich mit der gemeinsamen Finanzierung ihrer historischen Verantwortung. OB Kuhn sagte, es sei beispielgebend, dass man in den Verträgen die Kooperation zwischen professionellen Historikern und Ausstellungsmachern mit engagierten Bürgern institutionalisiert habe. Im Hotel Silber könne man Geschichte bewahren, erklären und verstehen, um daraus für die Gegenwart und die Zukunft zu lernen.

Staatssekretär Jürgen Walter (Grüne) aus dem Wissenschaftsministerium betonte, der Lern- und Gedenkort Hotel Silber solle zu einer „Zukunftswerkstatt der Aufklärung“ werden, in dem neue Veranstaltungsformate entwickelt werden. Walter: „Damit nicht nur diejenigen Bürger kommen, die ohnehin an der Aufarbeitung der Geschichte interessiert sind.“ Harald Stingele von der Bürgerinitative erklärte, man wolle unterschiedliche Sichtweisen auf die Geschichte und Gegenwart einbringen. „Demokratie braucht Erinnerung“, so Stingeles Credo.

Der Leiter des Hauses der Geschichte, Thomas Schnabel, nannte eine brandaktuelle Fragestellung als Beispiel: „Wie kommt es, dass sich Antisemitismus oder Islamfeindlichkeit auch und gerade dort entwickeln, wo es kaum Juden gab oder Muslime gibt“, so Schnabel mit Hinweis auf die Pegida-Bewegung in den neuen Bundesländern. Auch auf diese Fragen aus Geschichte und Gegenwart wolle man im Hotel Silber nach Antworten suchen.