Zika-Fälle gibt es auch in Deutschland. Reisende schleppten den Erreger ein. Mit ganz anderen Dimensionen der Krankheit hat aber Lateinamerika zu kämpfen. Dort breitet sich der Erreger weiter aus.

Hamburg/Rio de Janeiro - Das gefährliche Zika-Virus haben schon mehrere Reisende nach Deutschland eingeschleppt. Das Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin stellte seit 2013 zehn Infektionen fest, wie der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Alle Betroffenen hätten sich auf Fernreisen angesteckt. Der Experte geht von einer hohen Dunkelziffer aus. US-Präsident Barack Obama rief unterdessen zu größeren Anstrengungen bei der Erforschung des Erregers auf. Am Mittwoch wurden neue Zika-Infektionen vor allem aus Lateinamerika bekannt.

 

Das Virus grassiert derzeit insbesondere in Brasilien. Viele Infektionen bleiben unbemerkt. Wer erkrankt, hat in der Regel eher harmlose Symptome wie Kopfschmerzen und Fieber. Allerdings steht der Erreger im Verdacht, bei Schwangeren das ungeborene Kind zu schädigen: Die Babys haben einen zu kleinen Kopf und sind geistig beeinträchtigt (Mikrozephalie). Der Zusammenhang mit einer Zika-Infektion sei „sehr wahrscheinlich“, sagte Schmidt-Chanasit.

Die Zahl solcher Schädelfehlbildungen bei Neugeborenen kletterte in Brasilien auf über 4000. Wie die Zeitung „O Globo“ unter Verweis auf Daten des Gesundheitsministeriums berichtete, gibt es pro Woche rund 200 neue Verdachtsfälle. Mit dem Zika-Virus sollen sich in Brasilien bereits mindestens eine halbe Million Menschen infiziert haben.

Den ersten Zika-Fall in Deutschland gab es 2013

Mitte Februar werden dort im Rahmen eines Aktionstages bis zu 220 000 Soldaten helfen, die weitere Ausbreitung der virenübertragenden Stechmückenart Aedes aegypti einzudämmen und deren Eiablageplätze zu zerstören. Im Sambadrom, wo Hunderttausende Menschen ab Ende kommender Woche den Karneval feiern werden, versuchen Spezialisten in Schutzanzügen mit Insektenbekämpfungsmitteln und Saugern der Aedes-Mücke den Garaus zu machen. Zum Karneval werden rund eine Million Menschen erwartet, auch für die Olympischen Spiele in Rio im August wurden bereits besondere Schutzmaßnahmen angekündigt.

Mikrozephalie kommt auch bei Neugeborenen in Deutschland vor. Schmidt-Chanasit hält es für denkbar, dass hier ebenfalls in einigen Fällen eine Zika-Infektion die Ursache sein könnte. Das ließe sich aber nur bei einer Häufung feststellen oder bei einer sogenannten Reiseanamnese, betonte der Virologe. Mikrozephalie kann aber auch andere Ursachen haben, etwa Röteln während der Schwangerschaft.

Erstmals wurde einer Studie zufolge in Deutschland 2013 ein Zika-Fall im Labor nachgewiesen. Ein zuvor gesunder Mann hatte sich auf einer Thailand-Reise angesteckt. Er war der erste registrierte Zika-Kranke Europas.

Die Krankheit ist nicht meldepflichtig

Ein genaues Bild von eingeschleppten Fällen in Europa gibt es nicht, denn sie sind nicht meldepflichtig. Nach Angaben von Schmidt-Chanasit steigt jetzt die Zahl der Fälle, weil sich mehr Patienten untersuchen ließen und Ärzte genauer hinschauten. Eine Impfung oder Arznei gegen Zika gibt es nicht.

Bislang registrierten in Europa unter anderem Italien, Großbritannien, die Schweiz, Spanien und Portugal eingeschleppte Infektionen. Das Zika-Virus wurde erstmals auch bei einem Patienten in Dänemark entdeckt. Er habe sich bei einer Reise nach Lateinamerika angesteckt und danach über Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen geklagt, teilte die Universitätsklinik in Aarhus mit.

Obama forderte bei einem Treffen mit Gesundheitsexperten in den USA eine verbesserte Diagnostik. Zudem müssten Impfstoffe und Heilungsansätze entwickelt werden, sagte er nach Angaben des Weißen Hauses. Alle Amerikaner müssten sich über das Zika-Virus informieren können. Reisende hatten den Erreger auch in die USA gebracht.

WHO warnt vor Ausbreitung in ganz Amerika

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte vor einer Ausbreitung des Erregers auf dem gesamten amerikanischen Kontinent gewarnt. Nur Alaska und Teile Chiles sieht die Behörde außerhalb der Gefahrenzone. Das Virus sei bereits in mehr als 20 Ländern festgestellt worden.

Erstmals wurde auch in Costa Rica eine Zika-Infektion bekannt. Betroffen sei eine 25 Jahre alte Frau, die sich in Kolumbien angesteckt habe, teilte das Gesundheitsministerium des mittelamerikanischen Landes am Dienstag (Ortszeit) mit. Auch in der Karibik wurden neue Infektionen mit dem Zika-Virus bestätigt.

In Brasilien gibt es derzeit Fallkontrollstudien. Dabei werden Frauen mit fehlgebildeten und mit gesunden Kindern auf Antikörper gegen Zika-Viren getestet. Bei gestorbenen Babys und im Fruchtwasser ist das Virus bereits nachgewiesen worden. Das seien aber nur einzelne Hinweise, betonte Schmidt-Chanasit. Für Studien müssen Hunderte Schwangere untersucht werden. „Ich denke, in einigen Wochen werden wir den endgültigen Beweis haben.“

Obwohl einer der möglichen Überträger des Virus, die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), in Südeuropa und auch in Süddeutschland vorkomme, sei bislang keine in Europa erworbene Zika-Infektion bekannt. Eine Reisewarnung für Schwangere macht nach Meinung des Experten nur für Länder Sinn, in denen viele Infektionen auftreten, wie in Brasilien und Französisch-Polynesien. Vereinzelte Fälle in Afrika oder Südostasien rechtfertigten eine solche Warnung nicht. Wenn eine werdende Mutter dennoch nach Brasilien reisen wolle, könne sie nur auf Mückenschutz achten.