Die Ambrosia ist in Deutschland zur Plage geworden: Allergikern verlängert sie ihr Leiden und verdrängt heimische Pflanzen. Nun haben Forscher entdeckt, wieso ihre Pollen an manchen Stellen noch allergener wirken. Doch wie bekämpft man diese Pflanzen am besten?

Karlsruhe/München - Der Straßenrand ist ihr Paradies: Entlang der B36, die von Mannheim über Karlsruhe nach Raststatt führt in Höhe Hockenheim breiten sich die Ambrosia-Pflanzen aus. Nahezu 700 000 Exemplare der nordamerikanischen Beifuß-Art wachsen dort auf dem schmalen Grünstreifen. Und bilden somit Baden-Württembergs – wenn nicht sogar Deutschlands – größtes Ambrosia-Vorkommen. Das allein ist schon bedenklich: So gilt die Ambrosia-Pflanze als der Allergie-Auslöser schlechthin. Ihre Pollen können Heuschnupfen, Bindehautentzündungen oder gar Asthma auslösen, heißt es bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW).

 

Durch die Abgase verändert sich die Protein-Zusammensetzung der Pollen

Und gerade an Straßenrändern, die von Ambrosia-Pflanzen überwuchert sind, kann sich die Gefahr signifikant steigern: Denn das Stickstoffdioxid (NO2) aus Abgasen verursacht Stress bei der Pflanze. Dadurch verändert sich die Protein-Zusammensetzung der Pollen. Das haben Forscher des Helmholtz-Zentrums in München herausgefunden. Die Menge sogenannter allergener Proteine werde größer, erklärt der Leiter des Instituts für Biochemische Pflanzenpathologie, Jörg Durner. Und zwar je nach Allergen um den Faktor zwei bis zehn. Denn NO2 hat schon an sich schädigende Wirkung auf die Schleimhaut. „Jetzt treffen aggressivere Pollen auf gereiztere Schleimhäute.“ Ob sich die Effekte addieren oder potenzieren, soll nun an einem Modell getestet werden – an einem Tier oder an einer künstlichen Schleimhaut. Letztere müsste aber erst noch entwickelt werden.

Vor 10 Jahren wurden die Bestände erstmals wissenschaftlich aufgenommen

Keine Frage: Die Pflanze muss bekämpft werden. Doch das ist nicht so einfach: Denn die Ambrosia ist unheimlich produktiv: Seit sie in Deutschland vor mehr als 150 Jahren eingeschleppt wurde, breitet sie sich in der ganzen Republik aus. 2006 wurden erstmals die Bestände wissenschaftlich aufgenommen. „Damals zählte man allein in Baden-Württemberg elf Großbestände von mehr als hundert Pflanzen“, sagt Harald Gebhardt vom LUBW. Dazu etwa 31 weitere Stellen mit kleineren Beständen. Inzwischen hat sich die Menge verzehnfacht: 2016 wurden 194 Groß- und 379 Kleinbestände gezählt.

Straßenränder stellen dabei ein wachsendes Problem dar: So wurden bei der Kartierung der 52 neuen Stellen, an denen die Ambrosia sich ausbreitet, 22 Straßenränder verzeichnet. „Nach unseren Daten zu urteilen, sind die Hauptfundorte der Ambrosie immer noch die Gärten“, sagt Gebhardt. Diese machen rund 50 Prozent der Bestände aus. Auch auf brachliegenden Grünflächen kommen viele Ambrosia-Populationen vor. „Doch bei zwölf Prozent der Verbreitungsgebiete handelt es sich um Straßengräben und Randstreifen.“

Dagegen hilft nur: Ausreißen!

Doch gerade dort sei die Pflanze am schwersten zu bekämpfen: Denn Unkrautvernichtungsmittel sind an diesen Stellen verboten. „Zwar werden die Grünstreifen regelmäßig gemäht“, sagt Gebhardt. Allerdings zur falschen Zeit – nämlich meist in den Sommermonaten, gerade dann wenn die Pflanze am Blühen ist. Dann werden die Pflanzen von den Maschinen mitgezogen und die Samen verteilen sich im Boden.“

Dagegen hilft nur: „Einfach die Pflanze herausreißen oder unterpflügen“, sagt Gebhardt. Gartenbesitzern rät er zur Schonungslosigkeit: „Die Pflanze muss noch vor der Blüte ausgerupft und über den Hausmüll entsorgt werden.“ Allerdings nicht ohne Mundschutz und Handschuhe. Finden sich mehr als hundert Pflanzen auf einem Fleck, sollten Behörden eingeschaltet werden.

In der Schweiz ist die Bekämpfung der Ambrosia gesetzlich festgeschrieben

Insgesamt konnte bislang eine unkontrollierbare Ausbreitung wie in anderen Staaten verhindert werden – doch ob das ausreicht, daran zweifeln Experten: „Wir sind hier in der Situation wie sie in Norditalien vor knapp 20 Jahren war“, sagt Gebhardt. Dort habe man die Plage erst nicht ernst genommen, inzwischen sei die Pflanze die Hauptursache für die hohe Zahl an Allergikern. „Um eine solche Entwicklung zu verhindern müsste man das ganze Land in Planquadrate einteilen, diese systematisch nach Ambrosiebestände absuchen und bekämpfen.“ Doch dafür fehle das Geld und das Personal.

Die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst verweist derweil auf die Schweiz, wo es gesetzlich verankert wurde, dass die Ambrosia bekämpft werden muss. Dort sei die Pflanze fast ausgerottet. In Deutschland gebe es dagegen nur lokale Aktionen, so die Experten: „ Dabei ist die Bekämpfung deutlich günstiger als abwarten.“

Die LUBW hilft Gartenbesitzern und interessierten Bürgern bei der Bestimmung der Ambrosia. Dazu Bilder per E-Mail an ambrosia@lubw.bwl.de senden. Bestimmungshilfen und Bilder gibt es auch im Netz: www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/26314/

Die LUBW hilft Gartenbesitzern und interessierten Bürgern bei der Bestimmung der Ambrosia. Dazu Bilder per E-Mail an ambrosia@lubw.bwl.de senden. Bestimmungshilfen und Bilder gibt es auch im Netz: www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/26314/