„Du wirst mehr in den Wäldern finden als in den Büchern“, schrieb Bernhard von Clairvaux. Wir haben uns auf die Suche gemacht und stellen Ihnen jeden Montag Besonderheiten aus den Wäldern rund um Stuttgart vor. Heute: Der Tübinger Nikolauslauf.

Lokales: Tom Hörner (hör)

Stuttgart - Alle Jahre wieder am ersten Sonntag im Dezember. Punkt zehn fällt in der Tübinger Nordstadt der Startschuss zum 41. Nikolauslauf. Wenn an die 2800 Menschen in den Wald rennen, dann darf man sich schon fragen, was sie dort suchen. Die Frage ist umso berechtigter, wenn man sich mittendrin befindet im schnaubenden Feld.

 

Die Einsamkeit kann es kaum sein. Eher begegnet einem in der Vorweihnachtszeit auf der Königstraße ein Einhorn, als dass man hier am Südrand des Schönbuchs auf Fuchs und Has trifft. Auch die Rehlein nehmen Reißaus, als sie das Trampeln von Tausenden Beinpaaren vernehmen.

Man könnte es sich leicht machen und behaupten, für die Teilnahme an dem Halbmarathon gäbe es so viele Gründe wie Individuen, die durch den Forst rennen. Aber die Geschichte lehrt uns, dass bei Massenbewegungen die Motivation bei allen oft dieselbe ist.

Etliche Weihnachtsmänner laufen mit

Ein Grund ist, dass man sich mit Freunden bereits im Sommer zu dem Lauf verabredet hat. Man tat dies auch, um in den kommenden Monaten gemeinsam trainieren zu können – ganz ohne Vorbereitung geht es nicht. Das Resultat jedoch ist wieder mal ernüchternd: Kurz vor dem Lauf begann bei den Weggefährten die Nase zu laufen. So steht man an diesem kühlen Sonntagmorgen einsam auf weiter Flur – wenn man von den rund 2800 Genossen absieht, die ebenso wie man selbst dem merkwürdigen Vorweihnachtsbrauch huldigen.

Anders als bei Stadtläufen verläuft ein Großteil der Strecke über nichtasphaltierten Untergrund. Außerdem hat man nicht alle Tage Gelegenheit, neben einem Weihnachtsmann herzulaufen, denn Rotkutten in Turnschuhen gibt es etliche. Wenigstens ist einem in diesem Jahr nicht der Jongleur begegnet, ein bärtiger Typ, der meint, während des Laufs mit Bällen spielen zu müssen. Das Mitnehmen von Kinderwagen haben sie verboten, aber den lassen sie laufen. Was die frische Waldluft betrifft: Kann man ebenfalls vergessen. Schon wieder trottet ein Kerl vor einem her, der dachte, in ungewaschenen Klamotten läuft es sich besser.

Am Ende winkt nur ein Hefebrötchen

Am Ende der 21 Kilometer ist man froh, es hinter sich gebracht zu haben. Warum man’s getan hat? Kurz vor dem Ziel fällt es einem ein: des Hefezopfs wegen. Genauer: des besten Hefezopfs der Welt wegen! Aber dann kehrt Ernüchterung ein: Es gibt nur Hefebrötchen. Nach 21 Kilometern essbar, aber kein Vergleich zum Zopf. Was bleibt? Der übliche Muskelkater und die Hoffnung, dass der Zopf nur eine Auszeit genommen hat.

Welche Waldgeheimnisse kennen Sie? Wir sind gespannt. Schreiben Sie uns per Mail (lokales@stzn.de) oder per Post: Zentralredaktion, Postfach 10 44 52, 70039 Stuttgart, Stichwort: Wald.