Die Kehrgebühr fürs Stadtzentrum kippt endgültig. Der Gemeinderat setzt in nichtöffentlicher Sitzung die Regeln von 2013 in Kraft. Für die Zukunft werden neue Bestimmungen erarbeitet.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Die Botschaft überbrachte Dejan Perc, der Betreuungsstadtrat der SPD für die Stadtmitte: Vom 1. Januar nächsten Jahres an muss niemand mehr die hoch umstrittene Gebühr für die Gehwegreinigung im Stadtzentrum zahlen. So habe es ein generell nicht öffentlich tagender Unterausschuss des Gemeinderats für Fragen der Abfallwirtschaft entschieden. Dies „ohne größere Diskussionen“, wie Perc sagte. Angesichts dessen wäre es höchst ungewöhnlich, wenn der Gemeinderat in seiner Gesamtheit sich der Empfehlung des Ausschusses verweigert.

 

Ohne neuen Beschluss, ändert sich nichts

Die Entscheidung hat sich seit geraumer Zeit angedeutet. Im September hatte sich eine Mehrheit im Gemeinderat zusammengefunden, die erklärte, es sei ein Fehler gewesen, eine Gebühr zu kassieren, die sich für einzelne Haushalte auf dreistellige Beträge im Monat summiert. Zumindest Kundige unter den Betroffenen hatte zuletzt besorgt, dass das Thema kurzfristig von der Tagesordnung einer Gemeinderatssitzung gestrichen wurde. Denn sofern bis zum Jahresende keine neue Regelung beschlossen wird, gilt die seitherige weiter. Was heißt: Es wird wie seit vergangenem Mai kassiert. Zum letzten Mal in diesem Jahr tagt der Gemeinderat am 18. Dezember.

Die alte Satzung soll wohl auch das neue Jahr begleiten

Inzwischen deutet sich an, dass die neue Regelung die alte sein wird. „Die Satzung für das Jahr 2013 soll wieder in Kraft treten“, sagte Perc. Zwar hatte sich die städtische Abfallwirtschaft in den vergangenen Wochen bemüht, eine Neuregelung zu entwerfen, aber eine rechtssichere Satzung zu erarbeiten, war in der Kürze der Zeit offenkundig unmöglich. Dies soll in den nächsten zwölf Monaten gelingen, denn von 2016 an soll im Stadtzentrum endgültig verstärkt gereinigt werden.

Änderungen für 2015 sind noch im Gespräch

Aller Voraussicht nach wird auch dann wieder eine Gebühr für die Anwohner fällig, wenn auch eine deutlich niedrigere. Zuletzt war von Seiten der städtischen Abfallwirtschaft eine Halbierung im Gespräch. Zumindest der Bezirksbeirat Mitte hielt auch dies noch für unzumutbar. Fraglich ist zudem, in welchen Straßen wie oft der Müll entsorgt werden soll. Dass weitgehend menschenleere Gassen der Altstadt ebenso behandelt wurden wie die Partymeile Theodor-Heuss-Straße, hatten Organisationen vom Mieterverein bis hin zum Vermieterbund Haus und Grund kritisiert.

Die Gegenfinanzierung soll die Anwohner nicht belasten

Mit seiner Entscheidung folgte der Gemeinderat der Empfehlung des Bezirksbeirats Mitte. Der hatte angesichts der Komplexität des Themas keine andere Möglichkeit gesehen, als in die Vergangenheit zurückzukehren, um Zeit für eingehende Beratungen zu gewinnen. „Der Bezirksbeirat hat durchgesetzt, was sinnvoll ist“, sagte die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, „natürlich brauchen wir irgendeine Gegenfinanzierung, aber die kann nicht zu Lasten der Anwohner gehen“.

Ein positives Zeichen für die demokratische Kultur

Lang vor Beginn der politischen Diskussion hatte das Forum Hospitalviertel in einem Brief an Oberbürgermeister Fritz Kuhn beklagt, dass die Gebühr ungerecht sei – und als Antwort eine klare Absage kassiert. Dass der Bürgerverein fürs Zentrumsquartier das Thema als erstes erkannte, „zeigt, dass wir Dinge wahrnehmen und eine Stimme haben“, sagte der Forumsvorsitzende Eberhard Schwarz. Dass die ursprüngliche Entscheidung zurückgenommen wird, „empfinde ich als positives Zeugnis demokratischer Kultur“.

Die evangelische Kirche hatte gar angekündigt, im Zweifel gegen die Reinigungsgebühr zu klagen. „Ich freue mich natürlich, dass nun Zeit ist, zu einer vernünftigen Regelung zu finden“, sagte der Kirchenpfleger Hermann Beck, der Chef der kirchlichen Verwaltung. „Ich hoffe, dass vor einer neuerlichen Entscheidung auch die Bürger gehört werden.“