Reinhold Gerstetter verpasst den Euro-Noten ihren neuen Anstrich. Der Fünfer und der Zehner sind bereits im Umlauf, der Zwanziger erscheint voraussichtlich in diesem Frühjahr. Ein Gespräch über Sicherheit, Fälscherei und Eifersucht.

Region: Verena Mayer (ena)
Leonberg/Berlin - – Noch bevor der Cappuccino im Berliner Literaturhaus-Café in Auftrag gegeben ist, noch bevor die erste Frage an den Gesprächspartner überhaupt gestellt ist, beginnt Reinhold Gerstetter schon zu erzählen. Der 69-Jährige steckt voller Ges
Gerstetter Foto: privat
chichten über Geld. Der gebürtige Leonberger war mehr als 20 Jahre lang der Chefdesigner der Bundesdruckerei in Berlin und hat nicht nur für Deutschland Banknoten gestaltet. Dabei hatte Reinhold Gerstetter zunächst gar kein Interesse an dieser Arbeit. Er liebte sein Leben als Grafiker in großen Werbeagenturen. Dem Familienfrieden zuliebe verabschiedete er sich davon. Gemütlich ging es allerdings auch am neuen Arbeitsplatz nicht zu.
Herr Gerstetter, bekommen Sie als Banknotendesigner oft dubiose Angebote?
Nein, ich habe Gott sei Dank noch kein einziges dubioses Angebot bekommen.
Warum „Gott sei Dank“ – haben Sie Angst, schwach zu werden?
Keineswegs! Als Banknotendesigner behindere ich Blütenträume und kann sagen: Geld zu fälschen macht überhaupt keinen Sinn.
Das sehen Geldfälscher anders, oder?
Ich hatte mal ein öffentliches Streitgespräch mit Hans-Jürgen Kuhl, der in großem Stil 100-Dollar-Noten gefälscht hatte. Der Mann hat das unheimlich gut gemacht. Trotzdem ist er aufgeflogen und 2007 zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Der Punkt ist, Blüten kommen über die Supermarkt-Kasse schnell zur Bank, werden dort sofort erkannt. Dann dauert es nicht mehr lange, bis die Polizei den Täter eingekreist hat. Für einen Fälscher lohnt sich der große Aufwand also nicht.
Würden Sie einen falschen Euroschein sofort erkennen?
Ich würde den schon an der Haptik merken, also fühlen. Läge eine Blüte allerdings zwischen anderen Geldscheinen im Wechselgeld, würde sie wahrscheinlich auch mir durchschlüpfen.
Könnten Sie einen Geldschein perfekt fälschen?
Nein. Ich erschaffe das Original, aber ich kenne nicht alle notwendigen chemischen Spezifikationen, die eine Banknote ausmachen.
Bevor Sie Designer bei der Bundesdruckerei wurden, haben Sie in großen Werbeagenturen gearbeitet. Warum haben Sie dieses schillernde Leben beendet?
Der große Nachteil von Westberlin, wo ich als Artdirector arbeitete, war, dass ich ständig unterwegs sein musste. Die Kunden erwarteten mich in München, Frankfurt, Hamburg und im Ausland. Damals konnte man Entwürfe oder fertige Anzeigen nicht einfach per Mail verschicken und ausdrucken. Ich musste also selbst ins Labor, Schriften vergrößern oder verkleinern, aufkleben. Das war anstrengend. Und es blieb nur wenig Zeit für meine Frau und unsere beiden kleinen Kinder.
Ein Job bei der Bundesdruckerei war etwas komplett anderes, oder?
Das kann man sagen. Ich wusste gar nicht, dass es die Bundesdruckerei gibt – bis sich ein Kollege dort beworben hat. Letztlich habe ich mich auch dort vorgestellt, aber ohne große Erwartungen. Ich wollte eher meiner Frau meinen guten Willen beweisen, dass ich etwas ändern möchte. Und plötzlich war ich drin.