Ein Gesetz soll die Alternative zum Provisionsmodell stärken – doch es ist halbherzig. Für Versicherungen und Bausparverträge gelten die neuen Regeln nicht. Experten fordern eine schnelle Nachbesserung.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Berlin - Die Finanzkrise hat dem Ruf von Anlageberatern nachhaltig geschadet. Allein die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers kostete Zehntausende Deutsche ihr Erspartes, weil sie sich Zertifikate des Instituts hatten aufschwatzen lassen. Mit einem Gesetz zur Stärkung der Honorarberatung, das am Freitag in Kraft tritt, reagierte die Bundesregierung auf scharfe Kritik an der bislang verbreitetsten Form der Anlageberatung: der Vermittlung von Finanzprodukten auf Provisionsbasis.

 

Honorarberater verzichten auf Provisionen, also Zahlungen der Anbieter für den Verkauf von Fonds und anderen Anlageformen. Zwar gibt es schon lange Berater, die ausschließlich auf Honorarbasis arbeiten. Mit dem neuen Gesetz wird die Berufsbezeichnung aber erstmals geschützt.

Für Bausparverträge gilt das Gesetz nicht

Allerdings gilt das Gesetz nur für die Vermittlung von Wertpapieren und Vermögensanlagen, nicht aber für Versicherungen, Bausparverträge oder andere klassische Sparprodukte. Eine Beratung „aus einem Guss“ sei den Honorarberatern damit nicht möglich, kritisiert Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Das Gesetz müsse „schnell nachgebessert werden“. Laut Justizministerium ist ein erster Referentenentwurf dazu für September geplant.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Vielzahl an Bezeichnungen für Finanzvermittler mit dem neuen Gesetz noch größer wird: Neben den „Finanzanlagenvermittler“ nach Paragraf 34f der Gewerbeordnung, der sowohl auf Provisions- als auch auf Honorarbasis arbeiten kann, tritt künftig der „Honorar-Finanzanlagenberater“ nach dem neuen Paragrafen 34h. Von der Finanzaufsicht Bafin überwacht wiederum wird nur, wer sich nach dem Wertpapierhandelsgesetz als „Honorar-Anlagenberater“ registrieren lässt.

Keine Eintrittsgebühr für Beratung

Während freie Finanzvermittler die Wahl haben, werden der Bafin-Aufsicht auf jeden Fall alle Mitarbeiter von Banken unterworfen, die Honorarberatung anbieten. Deren Zahl dürfte sich aber auch künftig in engen Grenzen halten: Der Bundesverband deutscher Banken, der die privaten Geldhäuser vertritt, erwartet keine Ausweitung der Honorarberatung. Beim Sparkassen- und Giroverband heißt es: „Bei uns wird es keine Eintrittsgebühr für die Beratung geben.“ Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) teilt mit, für die überwiegend kleineren Mitgliedsinstitute sei die Honorarberatung schlicht nicht praktikabel.

Der Grund: Das neue Gesetz schreibt eine klare Trennung von der vorherrschenden Provisionsberatung vor. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, darf ein Bankberater entweder nur auf Provisionsbasis oder ausschließlich gegen Honorar arbeiten. „Viele kleine Institute haben aber nur ein oder zwei Berater“, heißt es beim BVR. Wenn einer davon nur noch Honorarberatung anböte und der Kollege Provisionsberater im Urlaub sei, hätten die Kunden keine Auswahl. „Wegen der hohen Akzeptanz der Provisionsberatung werden die meisten Banken wohl dabei bleiben“, fasst der BVR-Sprecher die Stimmung in der Branche zusammen. Die einzige Bank, die seit Jahren auf Honorarbasis arbeitet, ist die Quirin-Bank mit derzeit rund 9000 Kunden.

Die Bereitschaft für Beratung zu zahlen ist gering

Laut Umfragen ist die Bereitschaft, für eine Finanzberatung zu zahlen, gering: In einer Erhebung der Steinbeis-Hochschule Berlin im Auftrag der Sparda-Bank erklärten nur 19 Prozent der 2000 Befragten, sie würden für eine Altersvorsorge-Beratung Geld auf den Tisch legen. Als vertretbaren Betrag nannten sie im Schnitt 35 Euro pro Stunde – die tatsächlichen Stundensätze liegen laut dem Berufsverband deutscher Honorarberater allerdings bei 150 Euro.

Der Verband gibt allerdings zu bedenken: „Den Leuten ist nicht klar, dass die angeblich kostenlose Beratung bei der Bank wegen der Provisionen in Wahrheit eben nicht kostenlos ist.“ Ähnlich argumentiert auch der Verbraucherschutzbund VZBV. Die bestehenden Pflichten zur Offenlegung von Provisionen seien zu unscharf.

Der VZBV pocht deshalb auf ein Provisionsverbot. Der Bundesverband deutscher Honorarberater hofft diesbezüglich auf die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA. Sie empfiehlt in einem Papier zur Umsetzung der EU-Richtlinie Mifid II, Provisionen sollten nur noch dann erlaubt sein, wenn sie nachweislich dem Wohl des Kunden dienten. Das EU-Parlament hatte von einem Totalverbot in der Richtlinie selbst abgesehen – zu groß war die Angst, Honorare könnten Verbraucher von einer Beratung abhalten.