Guido Westerwelle gibt dem Druck nach und nach zehn Jahren an der Spitze der FDP den Parteivorsitz auf. Außenminister will er aber bleiben.

Berlin - Nach zehn Jahren an der Spitze der FDP hat sich Außenminister Guido Westerwelle im parteiinternen Machtkampf geschlagen gegeben. Beim nächsten Parteitag Mitte Mai in Rostock will der 49-Jährige den FDP-Vorsitz abgeben und Platz für einen „Generationswechsel“ machen. Als Favoriten für die Nachfolge gelten Generalsekretär Christian Lindner (32) und Gesundheitsminister Philipp Rösler (38). Außenminister will Westerwelle bleiben. Offen ließ er jedoch, ob er das Amt des Vizekanzlers behält.

 

Mit seiner überraschend schnellen Erklärung setzte Westerwelle den tagelangen Spekulationen um seine politische Zukunft ein Ende. Nach einer Reihe von Gesprächen - auch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem FDP-Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher - ging er am Sonntagabend in Berlin vor die Presse. Ursprünglich hatte er die Entscheidung bis zu einem FDP-Spitzentreffen am 11. April hinauszögern wollen. Fragen ließ er nach seinem nur zweiminütigem Auftritt nicht zu.

„Ich habe heute eine Entscheidung getroffen, die ich mir gut und gründlich überlegt habe“, sagte Westerwelle. Auf einen Vorschlag für seine Nachfolge legte er sich nicht fest. Er sprach sich aber für einen „Generationswechsel“ aus. „Der Abschied fällt mir leicht, weil eine ganze Anzahl von jungen Persönlichkeiten bereit steht, auch in die Führung der Partei aufzurücken und die Führung der FDP zu übernehmen.“

Entscheidung zwischen Lindner und Rösler fällt am Montag

Damit machte Westerwelle deutlich, dass er von einer Übergangslösung mit Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (59) an der Parteispitze nichts hält. Die Entscheidung zwischen Lindner und Rösler wird vermutlich schon an diesem Montag auf einer Sitzung in Berlin fallen. Die Wahl findet dann in Rostock statt. Dann werden auch die drei stellvertretenden Vorsitzenden neu gewählt.

Mit Spannung wird nun erwartet, ob sich Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle im Amt halten kann. Der 65-Jährige hat sich bislang als einziger der bisherigen drei Westerwelle-Stellvertreter noch nicht geäußert, ob er Parteivize bleiben will. Auch er steht seit den verlorenen Landtagswahlen in seinem Heimatland Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg massiv in der Kritik. Brüderle wird wegen seiner Äußerungen zur Atompolitik eine große Mitschuld am schlechten Abschneiden der FDP gegeben.

Spekuliert wird darüber, dass Rösler - wenn er FDP-Chef wird - Brüderle als Wirtschaftsminister ablösen und dann auch Vizekanzler werden könnte. Neuer Gesundheitsminister könnte dann der bisherige Staatssekretär Daniel Bahr werden, der auch FDP-Landeschef in Nordrhein-Westfalen ist.

Rösler will Glaubwürdigkeit zurückgewinnen

Noch vor Westerwelles Ankündigung hatte Rösler einen Kurswechsel verlangt. „Es kommt darauf an, die verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen“, sagte der Gesundheitsminister der „Bild am Sonntag“. „Wir müssen uns wieder mehr um die Lebenswirklichkeit der Menschen kümmern.“ Lindner forderte ebenfalls eine Neuaufstellung, um „mit neuen Gesichtern für Glaubwürdigkeit, Kompetenz, Respekt und Sympathie zu werben“.

Westerwelle war nach einem Besuch in China und Japan erst am Sonntagmorgen wieder in Berlin eingetroffen. Während seiner Reise hatte er es abgelehnt, sich zu seiner politischen Zukunft zu äußern. Zur Zukunft der schwarz-gelben Koalition sagte er nun: „Wir haben eine gute und erfolgreiche Koalition. Ich möchte, dass wir diese Arbeit auch als Liberale sichtbar und erfolgreich fortführen.“

Westerwelle war nach den Wahlniederlagen der Liberalen massiv unter Druck geraten. Allerdings gab es seit dem Regierungswechsel im Herbst 2009 auch zuvor schon immer wieder Kritik an seiner Arbeit als Parteichef und Außenminister. Auch in allen Meinungsumfragen liegt er auf der Beliebtheitsskala der deutschen Politiker weit hinten.