Der italienische Ministerpräsident Enrico Letta hat am Samstag sein Kabinett präsentiert. Als eine der vielen Überraschungen gilt die Ministerin für Gleichstellung und Sport, Josefa Idem (48) – sie ist gebürtige Deutsche.

Rom - „Neuheit, Frische, Kompetenz.“ So charakterisiert der neue italienische Ministerpräsident, Enrico Letta, sein Kabinett, das er am Samstag Abend vorgestellt hat und das am Sonntag Vormittag vereidigt wird. Getragen wird die künftige Regierung Italiens von Lettas eigener Partei, den Sozialdemokraten, sowie von Silvio Berlusconis „Volk der Freiheit“ und der kleinen „Bürgerwahl“ des bisherigen Ministerpräsidenten Mario Monti. Zur Regierung gehören darüber hinaus vier parteiunabhängige „Technokraten“, an ihrer Spitze im Wirtschafts- und Finanzressort der Generaldirektor der Nationalbank, Fabrizio Saccomanni. Als eine der vielen Überraschungen gilt auch die Ministerin für Gleichstellung und Sport, Josefa Idem (48). Die gebürtige Deutsche hat – als Kanutin für Italien startend – viele Medaillen gewonnen; sie ist die erste Olympiasiegerin überhaupt in einer italienischen Regierung.

 

Neben der Tatsache, dass sich die Sozialdemokraten überhaupt mit Berlusconi auf eine gemeinsame Regierung geeinigt haben – unter Mario Monti gab es ja ausdrücklich keine Koalition, sondern nur eine „Zusammenarbeit“ im Parlament – sorgt in Italien auch die Zusammensetzung der neuen Mannschaft für Furore: Unter den 21 Ministern sind acht Frauen, so viele wie nie in einer italienischen Regierung, und auffallend viele junge Leute im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, darunter auch Neulinge im Parlament. Dem Drängeln der Altparteien, „die Erfahrung“ und „die Schwergewichte“ nicht aus seinem Kabinett auszuschließen, hat sich Enrico Letta erfolgreich widersetzt. So hatten die Sozialdemokraten beispielsweise ihren Massimo D’Alema als Außenminister ins Gespräch gebracht; darauf schlug Montis „Bürgerwahl“ ihren eigenen Chef vor, und Silvio Berlusconi sagte: „Wenn Monti oder D’Alema Außenminister wird, dann darf ich wohl auch Wirtschaftsminister werden.“

Jetzt ist kein Alt-Minister im Kabinett übriggeblieben – mit zwei Ausnahmen: Das Innenressort führt Berlusconis Vertrauter, Angelino Alfano, der zwischen 2008 und 2011 bereits Justizminister war. Nominell ist er auch „Sekretär“, also Vorsitzender von Berlusconis „Volk der Freiheit“; faktischer Parteichef ist und bleibt aber natürlich Berlusconi. Die zweite Ausnahme: die parteifreie Anna Maria Cancellieri (69), eine frühere Spitzenbeamtin, die erst als Innenministerin unter Mario Monti in die Politik eingetreten ist und nun das Justizressort führt. Dieses galt – wegen Berlusconis ausdrücklicher Forderung, dass seine Rechte „garantiert“ bleiben sollten und dass kein ihm „feindlich gesinnter“ Politiker dort installiert werden dürfe, als das politisch sensibelste Ressort der Koalitionsregierung.

Erste dunkelhäutige Abgeordnete wird Integrationsministerin

Als weitere prominente Überraschung wird Emma Bonino (65) Chefin des Außenministeriums. Die frühere EU-Kommissarin für Menschenrechte und Verbraucherschutz (1995-99) gehört der kleinen, mit dem Mitte-Links-Lager verbündeten Radikalen Partei an. Integrationsministerin wird die Augenärztin und gebürtige Kongolesin Cécile Kyenge (48), die erste – vor zwei Monaten erst für die Sozialdemokraten ins Parlament gewählte – dunkelhäutige Abgeordnete und Ministerin Italiens. Insgesamt kommen die Sozialdemokraten damit auf neun Kabinettsmitglieder, das „Volk der Freiheit“ auf fünf, Montis „Bürgerwahl“ auf drei; die anderen vier sind parteiunabhängige „Technokraten“.

Die erste Regierungserklärung Enrico Lettas ist für Montag im Abgeordnetenhaus vorgesehen; dort und am Dienstag im Senat, der zweiten Parlamentskammer, muss sich sein Kabinett auch der Vertrauensabstimmung stellen. Theoretisch besteht keinerlei Risiko: Die Große Koalition stützt sich auf etwa 68 Prozent der Wählerstimmen. Außen vor bleibt, auf ausdrücklichen Wunsch, praktisch nur die fundamentaloppositionelle „Fünf-Sterne-Bewegung“ von Beppe Grillo, die bei der Parlamentswahl im Februar aus dem Stand auf etwa 25 Prozent der Wählerstimmen gekommen ist.